Ein Blog des Museums- und Heimatvereins Brome e.V.

Autor: Jens Winter (Seite 17 von 18)

1853 – Brome wird an die Straße Salzwedel-Braunschweig angeschlossen

Brome war bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nicht an das bedeutende überregionale Handelswegenetz angeschlossen, denn der damals noch unbefestigte Handelsweg von Salzwedel nach Braunschweig verlief nicht über Brome, vielmehr machte der Weg um Brome einen Bogen. Von Mellin führte der Weg direkt nach Steimke. Von Steimke aus dann nördlich der Ziegelei Groth vorbei an Brome, dann weiter zum Gerichtsfeld Richtung Croya.

Zu der Zeit war Deutschland auch kein vereinter Staat, vielmehr bestand das Gebiet des heutigen Bundesrepublik Deutschland aus zahlreichen Einzelstaaten mit unterschiedlichen Währungen und Maßeinheiten. So gehörte Brome damals zum Königreich Hannover, die benachbarten Orte Mellin und Steimke dagegen zum Königreich Preußen. Zwar wurde bereits im Jahr 1833 der Deutsche Zollverein gegründet, jedoch trat Hannover diesem erst 1854 bei. Der Flecken Brome war damals von Norden, Osten und Süden durch die Landesgrenze von den preußischen Nachbardörfern getrennt. Vor dem Beitritt Hannovers zum Deutschen Zollverein blühte das Schmuggelgeschäft in Brome (Blogeinträge zum Schmuggel in Brome werden folgen!).

Im Jahr 1853 verfasste der Königliche Landrat zu Salzwedel einen Brief an die hannoverschen Behörden, in dem er den Bau einer Straße von Mellin über Brome in nicht allzu ferner Zukunft sieht. Er schreibt: „Ich glaube indessen, da die Strecke über Brome nicht neu ist und die fallenden Zollschranken die beiden benachbarten Länder noch näher verbinden werden, daß man hier dem Plan nicht entgegentreten wird, über Brome zu bauen“. Bereits im Jahr 1853 plante das Königreich Preußen nämlich eine befestigte Straße von Salzwedel nach Braunschweig zu bauen, die über die Dörfer Rohrberg, Ahlum, Mellin und Steimke führen sollte – also an Brome vorbei.

Der damalige Bromer Bürgermeister Friedrich Stampehl setzte sich, als dieser preußische Plan öffentlich wurde, für den Bau der Straße über den Flecken Brome ein. Er begründete dies mit dem deutlich kürzeren und damit kostengünstigeren Streckenbau als über Steimke. Zum anderen sprach Stampehl auch das Problem des Postweges von Salzwedel nach Braunschweig an, denn damals wurde überlegt, die Poststation in Steimke zu schließen, die auch von sehr vielen Bromern genutzt wurde. Stampehl schreibt in seinem Brief an die Postdirektion zu Salzwedel hoffnungsvoll,  dass die Post gewiss genauso viel genutzt werde, wenn die Post statt über Steimke durch Brome ginge.  

Weder die preußischen, noch die hannoverschen Behörden hatten etwas gegen den Straßenbau über Brome einzuwenden. Die preußischen Behörden stellten allerdings die Bedingung, dass die Straßen auf hannoverschem Gebiet vollkommen ausgebaut werden müssen, damit der durchgehende Verkehr nach Braunschweig gewährleistet sei. Andernfalls wollten sie doch über Steimke bauen. Noch im Jahr 1853  stimmten die beiden Kreistage in Salzwedel und Isenhagen der Streckenführung über Brome zu. Sowohl der Isenhagener Kreistag als auch der Bromer Bürgermeister Stampehl erklärten sich bereit, den Straßenbau ab Mellin – also sogar auf preußischem Territorium – auszuführen. Dies zeigt deutlich die Wichtigkeit, die der Straßenbau damals für den Flecken Brome hatte. Im gleichen Jahr wurde dann auch mit dem Bau begonnen. Die Bromer Bürger mussten damals in Hand- und Spanndiensten beim Bau der Straße mithelfen. Für einen Tag Handdienst wurden sie mit 8 Groschen entschädigt, für einen Tag Spanndienst mit einem Thaler.

Die Hauptverkehrsstraße, die heutige B248, wurde also erst 1853 ausgebaut und durch den Flecken Brome geführt. Bereits Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts, also rund 70 Jahre nach dem Bau, sorgte der viele durchgehende Verkehr dafür, dass eine Umgehungsstraße geplant wurde. Doch diese Geschichte werden wir in einem folgenden Blogeintrag beleuchten.

Zur Hinrichtung des Diebes Jürgen Wend 1596 in Brome

Französischer Kupferstich aus dem Jahr 1703. Zu sehen sind verschiedene Hinrichtungsarten: Köpfen, Erhängen, Rädern sowie Verbrennen. (Quelle: Sammlung Jens Winter)

Im Jahre 1596 wurde hier in Brome der Dieb Jürgen Wend hingerichtet. Was genau zu seiner Verurteilung geführt hat, wissen wir nicht. Das Urteil selbst liegt nicht vor, dagegen aber die Abrechnung über die Gerichtskosten. Darin sind auch die Kosten für die Vollstreckung aufgeführt. Aus dieser Rechnung geht hervor, dass das Urteil auch nicht am Bromer Gericht gefällt wurde, vielmehr wurde es in Helmstedt gefällt, vermutlich handelt es sich um ein Rechtsgutachten von der damals noch bestehenden Universität Helmstedt. Woher der Scharfrichter kam, ist nicht bekannt. Einen hier in Brome ansässigen Scharfrichter hat es vermutlich nicht gegeben. Eventuell kam dieser aus Gifhorn oder Celle nach Brome. Klar ist, dass der Verurteilte vor der eigentlichen Vollstreckung der Todesstrafe, in einer Tortur (der Folter) gequält wurde. Diese wurde vermutlich am hiesigen Gerichtsort, der Burg Brome, vollzogen. Anschließend wurde er dann vom Scharfrichter und seinen Knechten von der Burg zum Richtplatz gebracht. Vermutlich wurde er in Ketten geführt, denn in der Rechnung wird eine Diebeskette genannt. Eventuell wurde er auch daran am Galgen aufgehängt. Für Diebstahl wurde die Hinrichtung gewöhnlich durch Erhängen am Galgen vollstreckt. Der Scharfrichter bekam als Entlohnung 5 Thaler und zusätzlich für die Folter 1 1/2 Thaler 6 Groschen. Dazu wurden ihm auch noch zwei Mahlzeiten in einer hiesigen Gastwirtschaft mit insgesamt 3 Thalern 3 Pfennigen bezahlt. Der Knecht des Scharfrichters bekam 1 Thaler und für die Folter 8 Pfenning.

Begleichen mussten die Gesamtausgaben für das Urteil und die Vollstreckung in Höhe von 18 1/2 Thalern und 13 Pfenningen die 69 Männer aus den Orten Brome, Altendorf, Nettgau, Benitz, Zicherie und Boldam. Mit Männern sind die damaligen Hausbesitzer gemeint, so dass es in den genannten Orten insgesamt 69 Häuser gab.

Auch für die Errichtung und Instandhaltung des Galgens wurden die Bürger zur Bezahlung herangezogen. Manchmal musste sie auch bei der Errichtung des Gagens helfen. Der Richtplatz und jede Urteilsvollstreckung verursachten also für die hiesigen Bürger erheblich Kosten, die sie begleichen mussten.

Geschichte der Grenzsperranlagen in Zicherie (1945 bis 1961)

Die Geschichte der Sperranlagen an der innerdeutschen Grenze zwischen dem niedersächsischen Ort Zicherie (früher: Britische Besatzungszone) und dem sachsen-anhaltinischen Ort Böckwitz (früher: Sowjetische Besatzungszone) beginnt nach dem Ende des 2. Weltkrieges im Jahr 1945. Wann genau die erste Straßensperre zwischen den beiden Orten errichtet wurde, lässt sich aus den bis heute eingesehenen Unterlagen und Bildern nicht genau rekonstruieren. Ein Schlagbaum trennte damals die beiden Orte Zicherie und Böckwitz.

Im Mai 1952 verschärfte sich die Lage an der deutsch-deutschen Grenze. Auf DDR-Seite wurde damit begonnen, entlang der Grenze einen gepflügten 10-Meter-Kontrollstreifen, dem sogenannten K 10, anzulegen. Gleichzeitig damit wurde auch die Bewachung der Grenze umgestellt. Das sowjetische Militär wurde von der Grenze abgezogen und die Überwachung von DDR-Grenzpolizisten übernommen. Der illegale Grenzverkehr ging durch diese Maßnahmen schlagartig zurück.

Gleichzeitig mit diesen Maßnahmen wurde zwischen den Orten Zicherie und Böckwitz ein drei Meter hoher Bretterzaun angelegt, der selbst Sichtkontakte zwischen den Einwohnern der beiden Orte unmöglich machte. Häuser, die in unmittelbarer Nähe der Grenze lagen, wurden geräumt und später abgerissen. Die Bewohner wurden in der sogenannten „Aktion Ungeziefer“ zwangsausgesiedelt.

Im August 1956 wurde der Bretterzaun entfernt und durch einen Stacheldrahtzaun ersetzt.

Blick von Zicherie auf den Bretterzaun. Dieser trennt Zicherie und Böckwitz bis August 1956. Aus: unmenschliche Grenze. Herausgegeben von der Niedersächsischen Landeszentrale für Heimatdienst. 1958
Blick von Zicherie nach Böckwitz (Aufnahme von 1957). Aus: unmenschliche Grenze. Herausgegeben von der Niedersächsischen Landeszentrale für Heimatdienst. 1958

Der Verlauf der innerdeutschen Grenze war allerdings bis zum 13. August 1961 nicht überall durch Schilder bzw. Sperranlagen markiert. Auf westdeutscher Seite wurde eine neue Verbindungsstraße zwischen Zicherie und Kaiserwinkel gebaut, die weitgehend parallel zur innerdeutschen Grenze verlief. Die Grenze verlief unmittelbar in der Grabenmitte östlich der Straße. Sie war hier weder durch Schilder, noch durch Sperrmaßnahmen markiert.

Straßen von Zicherie nach Böckwitz. Links neben der Straße ist der Grenzgraben. Gleich dahinter der geeggte 10-Meter-Streifen auf DDR-Gebiet. Aus: unmenschliche Grenze. Herausgegeben von der Niedersächsischen Landeszentrale für Heimatdienst. 1958

Zuständig für die Überwachung der innerdeutschen Grenze auf DDR-Seite im Bereich von Steimke bis Kaiserwinkel war die Grenzkompanie Jahrstedt, die der Grenzbereitschaft Gardelegen unterstellt war. Die Ausrüstung der Kompanie Jahrstedt kann bis Anfang der 60er Jahres des 20. Jahrhunderts als sehr bescheiden beschrieben werden. Im Jahr 1950 besaß die Einheit 10 Fahrräder. Im Jahr 1952 kamen 10 Fahrräder und ein Motorrad mit Beiwagen dazu. Im Jahr 1961 verfügte die Einheit über insgesamt 28 Fahrräder und ein Motorrad mit Beiwagen. Die Stabsstelle in Kunrau verfügte Anfang der 50er Jahre über einen VW-Kübel, einen IFA F8 Kombi Krankenwagen und einen Garant LKW. Sowohl die Kompanie Jahrstedt als auch die Stabsstelle Kunrau verfügten über Telefon, allerdings nicht über Fernschreiber und Funkgeräte. Die einzige Möglichkeit zur Alarmierung der Kompanie von der Grenze war das Grenzmeldenetz, das im Hinterland der Grenze verlief und in das sich die Grenzsoldaten mit entsprechenden Geräten einklinken und Meldung machen konnten. In der Nähe der Stelle, an der Kurt Lichtenstein am 12. Oktober 1961 erschossen wurde, befand sich kein Einwählpunkt ins Grenzmeldenetz, so dass die Alarmierung der Kompanie Jahrstedt auf anderem Wege erfolgen musste.

Als Waffen für die Grenzpolizisten standen in der Kompanie Jahrstedt Pistolen vom Typ Parabellum, Karabiner Mauser 98 K sowie Maschinenpistolen (MPi) zur Verfügung.

Nach dem 13. August 1961, dem Tag des Mauerbaus, verschärfte sich die allgemeine Lage an der innerdeutschen Grenze. Eine Kontaktaufnahme zwischen Zoll und Bundesgrenzschutz (BGS) mit Offizieren der Grenztruppen, wie sie zu dem Zeitpunkt üblich war, war nicht mehr möglich. Es wurde an der Grenze von DDR-Seite ein neues System der Grenzsicherung eingeführt. An Stellen, an denen sich noch kein Drahtzaun befand – wie z.B. an der Stelle, an der Kurt Lichtenstein die Grenze überschritten hatte und erschossen wurde – wurden Holzpfähle eingeschlagen, die verdrahtet wurden. 

Anmerkung:

Diese kurze Geschichte der Grenzsperranlagen bei Zicherie wurde zuerst in dem Buch „Kurt Lichtenstein – getötet am 12.10.1961. Tragischer Tod eines Grenzgängers“ von Jens Winter veröffentlicht. Das Buch ist beim MHV Brome erhältlich!

Der Bromer Galgen

Bisher ist nicht allzuviel bekannt über den Bromer Galgen und vollstreckte Todesurteile im Gericht Brome. Sicher ist, dass der Bromer Galgen dort gestanden hat, wo die heutige Bundesstraße B244 von den Einkaufsmärkten kommend in Richtung Zicherie eine Linkskurve macht. Das dortige Flurstück wird auch heute noch als Gerichtsfeld bezeichnet. Ob der Galgen nun links oder rechts der heutige Straße befunden hat, ist nicht sicher.

In den historischen Akten zur Bromer Geschichte sind allerdings Hinrichtungen am Bromer Galgen zu finden. So wurde 1596 Jürgen Wendt wegen Diebstahls gehenkt. Aus dem gleichen Grund wurde 1602 auch der „Blinde Peter“ hingerichtet. Im Januar 1696 wurde dann ein namentlich nicht bekannter Bromer Bürger hingerichtet, der seine Frau mit dem Dreschflegel erschlagen hatte. Im Oktober 1696 dann der abgesetzte Küster aus Tylsen bei Salzwedel, der hier in Brome festgenommen und wegen seiner zahlreichen Delikte hingerichtet wurde.

Eine andere Art der peinlichen Strafen wurde am Bromer Galgen im Jahr 1677 vollstreckt. Eine namentlich unbekannte Frau wurde wegen uns nicht überlieferter Vergehen ohne Staupenschlag aus Brome verwiesen. Sie durfte also auf Lebzeit nicht mehr nach Brome kommen. Einen Staupenschlag kann man sich als Auspeitschung vorstellen. Diese Bestrafung war besonders entehrend, weil der Verurteilte ja durch die Peitsche indirekt in Berührung kam mit dem Scharfrichter. Die hier verurteilte Frau hatte also Glück, dass nicht zum Staupenschlag verurteilt wurde. Sie wurde durch ihre Strafe also nicht entehrt. Und auch die Schmerzen wurde ich natürlich erspart

Einen hier vor Ort lebenden Scharfrichter gab es allerdings nicht in Brome. Vielmehr wurde ein Scharfrichter aus einem anderen Ort geholt, um hier die Urteile zu vollstrecken. Woher genau, ist bisher nicht bekannt.

Auf mehreren historischen Karten ist der Bromer Galgen abgebildet. Als Beispiel sei hier nur die Karte von Strauß aus dem Jahr 1688 gezeigt. Das Original der Karte befindet sich im Hauptstaatsarchiv Hannover. Eine digitale Kopie ist im Archiv des MHV Brome zu bewundern.

Karte von Strauß (1688) - Links der Ort Brome, rechts am Weg Richtung Zicherie steht der Galgen. Vorsicht: Die Karte ist nicht eingenordet!

Von der Kiebitzmühle nach Neuseeland

Die Besitzer der Kiebitzmühle von 1775 bis 1812

Die Kiebitzmühle zwischen Voitze und Ehra gehörte bis ins Jahr 1775 denen von Bartensleben, die sie an den Müller Joachim Kovhall verkauften. Wie lange er die Kiebitzmühle sein Eigen nannte, ist heute nicht genau zu ermitteln. Fest steht aber, dass ein gewisser Mundschwitz die Mühlen am 24. Mai 1799 an den Müller Matthias Uhlenhaut verkaufte. Dieser wiederum trennte sich von dem Objekt nach nicht einmal einem Jahr. Der neue Besitzer war ein Müller Habekost. Er verstarb wohl im Jahr 1803, so dass seine Witwe die Mühle an den aus Tiddische gebürtigen Müller Gebhard Müller von 1803 bis 1809 verpachtete. Bereits 1809 gab es anscheinend schon Pläne zum Verkauf der Mühle, aber diese verzögerten sich bis ins Jahr 1812. Mit dem Verkauf der Mühle an den Müllermeister Johann Georg Baucke verließ Gebhard Müller die Kiebietzmühle und arbeitete bis mindestens Ende 1820 in der Hoitlinger Mühle.

Die Kiebitzmühle 2016 (Foto: Detlev E. Deipenau)

Der Müllermeister Johann Georg Baucke

Der Müllermeister Johann Georg Baucke wurde 1769 in Immekath (bei Klötze / Altmark) geboren. Er war mit Anne Marie Strycks verheiratet, die vermutlich aus Audorf stammte. Seine älteste erwähnte Tochter Catharina Sophie Baucke wurde 1806 in Immekath geboren. Bereits vor dem Kauf der Kiebitzmühle hatte Johann Georg Baucke sich im Pfarrbezirk Brome aufgehalten, denn das Bromer Kirchenbuch verzeichnet am 3. Oktober 1811 die Geburt der Tochter Anne Maria Magdalena Baucke. Am 26. März 1814 wurde auf der Kiebitzmühle sein Sohn Johann Heinrich Christoph Baucke geboren, der sich 1842 als Missionar auf den Weg nach Neuseeland machte.

Bereits im Jahr 1814, also zwei Jahr nach dem Kauf der Kiebitzmühle, hat Müllermeister Baucke wohl in finanziellen Schwierigkeiten gesteckt, denn er lieh sich am 29. Dezember 1814 von dem Ackermann Andreas Strycks aus Audorf 500 Reichsthaler Gold und 65 Reichsthaler Courant, die er laut Vertrag mit 4% jährlich verzinsen sollte. Ebenso lieh er sich von dem in Immekath gebürtigen Hamburger Kaufmann Heinrich Erdmann Baucke 400 Reichsthaler Courant und 700 Reichsthaler Pistolen, wobei allerdings der Beginn des Kredites nicht in den Akten überliefert ist.

Doch die Geschäfte liefen wohl auch in den folgenden Jahren nicht gut. Baucke bemühte sich intensiv um den Verkauf der Kiebitzmühle. Am 7. Februar 1821 wollte er diese an den Müllergesellen Christian Ernst Linnemann aus Borsum (bei Wolfenbüttel) verkaufen. Dieser konnte jedoch den vereinbarten Kaufpreis nicht aufbringen und tauchte daraufhin unter. Der Vertrag wurde aufgelöst und die Gemeinde Voitze kaufte die Mühle am 18. Mai 1821 zu einem Preis von 5.500 Reichsthalern.

Zwar hatte Baucke bei Abschluss des Kaufvertrages versichert, dass er mit dem Kaufpreis all seine Gläubiger bedienen konnte, aber just im Sommer 1821 kurz nach dem Verkauf der Kiebitzmühle an die Gemeinde Voitze tauchten Andreas Strycks und Hans Jochen Baucke (der als Bevollmächtigter für seinen in Hamburg lebenden Bruder Kaufmann Heinrich Erdmann Baucke auftrat) auf und machten ihre Forderungen geltend. Es stellte sich heraus, dass sich Müllermeister Baucke zwar das Geld mit dem Versprechen geliehen hatte, 4% Zinsen zu zahlen, aber bereits ab 1. Januar 1815 keine Geldzahlungen mehr an seine Kreditgeber geleistet hat.

Nach seinem Konkurs und dem daraus resultierenden Verkauf der Kiebitzmühle verließ Müllermeister Baucke den Raum Brome und zog in die Altmark zurück. Zu seinem weiteren Lebensweg gibt es nur spärlich Angaben in den Kirchenbüchern. So ist überliefert, dass seine vermutlich älteste Tochter Catharina Sophie Baucke, die 1806 in Immekath geboren wurde, 1832 in Rohrberg geheiratet hat. Dort ist zu lesen, dass die Brauteltern zu der Zeit in Audorf (bei Beetzendorf) lebten.

Der Missionar Johann Heinrich Christoph Baucke

Im Alter von rund sieben Jahren musste Johann Heinrich Christoph Baucke den wirtschaftlichen Niedergang seines Vaters mit ansehen. Anschließend verzog er mit seinen Eltern und den Geschwistern in die benachbarte Altmark. Zwar besuchte er dort die Schule, aber weil seine Eltern sehr arm waren, musste er in der Landwirtschaft als Knecht Geld verdienen. Mit ungefähr 20 Jahren begann er eine Lehre als Tischler. Mit 23 Jahren wurde er zur Preußischen Armee einberufen und diente beim 36. Infanterie-Regiment. Sein Bruder Jacob Christoph Baucke, von dem keine weiteren Lebensdaten überliefert sind, heiratete im Jahr 1838 im Perver (heute Salzwedel). Nach dem Tod seiner Mutter am 27. Juni 1839 entschloss sich Johann Heinrich Christoph Baucke dazu, sich verstärkt um die beiden jüngeren Brüder und seinen Vater zu kümmern. Sein Vater Johann Georg Baucke verstarb am 1. April 1840 in Kricheldorf (bei Salzwedel), wo er vermutlich bei seinem Sohn, dem Einwohner und Tischler Carl Friedrich Wilhelm Baucke (*12.1.1817 auf der Kiebitzmühle), lebte.

Nach dem Tod seine Vaters schloss sich Johann Heinrich Baucke der evangelisch-lutherischen Gossner-Mission in Berlin an. Am 13. Juni 1842 verließ er mit vier anderen Missionaren (Franz Schirmeister, Gottfried Engst, Oskar Beyer und David Müller) Berlin. Die Vorbereitung der Missionare auf ihren späteren Dienst in Neuseeland war mehr als unzureichend. Weder wurde ihnen im Voraus ein Missionsgebiet zugeteilt, noch wurden sie ausreichend über Neuseeland und die dort lebenden Ureinwohner aufgeklärt. Ihre finanziellen Mittel waren alles andere als ausreichend. So mussten sie auf dem Walfangschiff „Juliane“, mit dem sie von Deutschland nach Neuseeland aufgebrochen waren, aus Kostengründen tatkräftig mithelfen. Nach 28 Wochen auf See warf die „Juliane“ im Januar 1843 in der Otago-Bucht der Südinsel Neuseelands die Anker. Auf der Suche nach einem geeigneten Missions-Gebiet gelangten sie schließlich am 20. Februar 1843 auf die Chatham-Insel. Dort begannen sie mit ihrer missionarischen Tätigkeit.

Im Jahr 1846 sandte die Gossner-Mission drei Frau nach Neuseeland – als Ehefrauen für die dort ansässigen Missionare. Johann Heinrich Christoph Baucke heiratete am 8. April 1846 Maria Müller. Sie hatten insgesamt neun Kinder: Zwei Töchter und sieben Söhne. Ihr wohl bekanntester Nachkomme war der Linguist, Ethnologe, Journalist und Übersetzer Johann Friedrich Baucke (*7. Juli 1848 auf Chatham Island- †6. Juni 1931 Otorohanga). Er schrieb u.a. das Buch „Where the white man treads“ (Deutsch: „Wo der weiße Mann hintritt“), das auch heute noch als eines der Standardwerke über die Maori gilt. Er selbst hatte eine Maori zur Ehefrau und sprach fließend die Sprache der Maori.

Maria Baucke verstarb 1866 auf Chatham-Island. Ihr Ehemann, der Missionar Johann Heinrich Christoph Baucke, verstarb am 17. März 1908 im hohen Alter von 96 Jahren in Wellington (Neuseeland).

Johann Heinrich Christoph Baucke (*1814 auf der Kiebitzmühle - †1908 in Wellington/Neuseeland) - Aufnahme zwischen 1868 und 1875. Quelle: https://natlib.govt.nz/records/22907275 [Zugriff am: 14.06.2020]
Johann Heinrich Christoph Bauckes Haus auf Chatham-Island (1874). Quelle: https://natlib.govt.nz/records/22328399 [Zugriff am: 14.06.2020]

Weitere Informationen in Englisch zu Johann Friedrich Wilhelm Baucke sind hier zu finden: https://teara.govt.nz/en/biographies/3b16/baucke-johann-friedrich-wilhelm [Zugriff am: 14.06.2020]

Anmerkung:

Dieser Artikel ist zuerst erschienen im Gifhorner Kreiskalender 2014 (S. 47-49).

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