Ein Blog des Museums- und Heimatvereins Brome e.V.

Kategorie: Benitz (Seite 2 von 3)

Imkerei im Raum Brome im 17. und 18. Jahrhundert – Belege in Ehestiftungen

Imker Fritz Schulze aus Lessien vor seinem Bienenstand (Original: Sammlung Winfried Rolke, Lessien)

Bienen spielten im 17. und 18. Jahrhundert im Raum Brome als ein Teil der Mitgift eine besondere Rolle. In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass Mitgift nicht automatisch das von der Frau in die Ehe eingebrachte Gut bezeichnet. Es kam auch vor, dass z.B. ein Mann in den Haushalt seiner Frau einheiratete. Dann brachte die Braut als Mitgift Haus und Hof ein, der Bräutigam materielle Dinge, wie z.B. Bargeld, Vieh oder Möbel.

Ein Teil der Mitgift waren in vielen Fällen Bienenstöcke. In den Ehestiftungen wird immer wieder ein sogenanntes „Landesrecht“ erwähnt. Als „Landesrecht“ wurde das Hab und Gut bezeichnet, dass traditionell als Mitgift in die Ehe eingebracht wurde. Zur Mitgift der Braut heißt es in der Ehestiftung  vom 28. März 1645 zwischen Hans Poselke, Dannenbüttel und Anne Harms, Ehra:

Belangende auff Seiten des Breutigambs seiner lieben Gespons oder Braut, so sol er ihrenthalben zu erfreuwen haben, was unter der Obrigkeit, nemblich       dehnen von Barttenschleben zur Wulffsburgk Landesrecht undt Gewohnheit ist, als zwo Ochsen, zwo Kuehe undt ein guest Rindt, item zwantzigkk Himbten            Rogken, zwantzig Himbten Habern, zwo Stock mit Immen, funff Schaeffe mit      Lemmer undt Bettegewandt zu einem vollstendigen Bette.

Zur Mitgift gehörten also: zwei Ochsen, eine Kuh, fünf Schafe mit Lämmern, 20 Himten Roggen, 20 Himten Hafer, zwei Stock Bienen, Bettwäsche.

In der Ehestiftungen vom 28. Dezember 1722 zwischen Hans Bromann, Böckwitz und Dorothee Elisabeth Mundschewitz, Kiebitzmühle bekam die Braut von ihrem Vater als Mitgift 80 Reichtsthaler und dazu ein volles Landesrecht, bestehend aus zwei Ochsen, zwei Kühen mit Kälbern, einer Kuh ohne Kalb, sechs Schafe mit Lämmern, ein Schaf ohne Lamm, ½ Wispel Roggen, ½ Wispel Hafer, zwei Stöcke Bienen und zwei Schatt Honig, Kisten und Kastengeräte.

Diese beiden Beispiele aus dem 17. und 18. Jahrhundert verdeutlichen, dass die Mitgift in diesem Zeitraum mit kleinen Abänderungen, die auf die jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse der Familien zugeschnitten waren, immer gleichgeblieben ist. Bienen waren meistens ein integraler Bestandteil der Mitgift, vorausgesetzt, dass sie auf dem Hof, aus dem die Mitgift gegeben wurde, vorhanden waren. In einigen Ehestiftungen wird eindeutig gesagt, dass statt der Bienen ersatzweise ein Geldbetrag gezahlt wird. So zum Beispiel in der Ehestiftung zwischen Carsten Beckmann, Böckwitz und Anna Gellermann, Zicherie vom 20. November 1711. Dort heißt es, dass der Brautvater zwei Thaler als Ersatz für die Bienen zahlt, „weil keine im Hofe vorhanden sind“. Als zweites Beispiel sei hier die Ehestiftung zwischen Carsten Meyer, Voitze und Anne Klopp, Zicherie genannt in der es heißt, dass in der Mitgift der Braut anstatt der Bienen und dem dazugehörenden Futterhonig ersatzweise 12 „Gute Groschen“ gezahlt werden, denn höchstwahrscheinlich gab es wie im erstgenannten Beispiel keine Bienenhaltung im Kloppschen Hof in Zicherie.

In den insgesamt 90 Ehestiftungen für Ehra von 1610 bis 1715 spielen in 63 davon Bienen eine Rolle als Mitgift. Nicht immer sind jedoch Bienen explizit erwähnt, sondern manchmal heißt es nur, dass die Mitgift ein „Landesrecht“ war, wie z.B. in der Ehestiftung von zwischen Henning Klopp, Voitze und Hans Wiswedel vom 23. September 1621. Dort heißt es: Der Brautvater Hans Wiswedel „will einbringen vull Landßrecht“, ohne Aufzählung der Einzelheiten. Da Bienen in diesen Fällen nicht explizit ausgeschlossen waren bzw. der Geldwert zu zahlen war, ist davon auszugehen, dass sie zur Mitgift dazugehörten. Es kam auch in seltenen Fällen vor, dass nur ½ Landesrecht als Mitgift gegeben wurde, so z.B. in der Ehestiftung zwischen dem Grobschmied Hans Möller aus Immekath und Cathrine Hermes aus Ehra im Jahr 1686. Der Brautvater Stückenköther Hans Hermes gab seiner Tochter ½ Landesrecht als Brautschatz mit, inklusive einem Stock Bienen. Das ist ein Hinweis darauf, dass die Familie nicht zu den wohlhabenden Familien zu zählen war. Aus diesen Angaben lässt sich mit aller Vorsicht vermuten, dass in den Dörfern Ehra, Lessien, Voitze, Wiswedel und Tülau in etwa 2/3 der Haushalte Bienen gehalten wurden.

Ein etwas anderes Bild ergibt sich bei der Betrachtung der Steimker Ehestiftungen. Für den Zeitraum von 1686 bis 1723 sind insgesamt 91 Ehestiftungen aufgeführt, bei denen in 41 Fällen Bienen eine Rolle gespielt haben. Auffallend ist, dass in den Ehestiftungen, die die altmärkischen Dörfer der Vogtei Steimke betreffen, Bienen als Mitgift eine viel geringere Rolle spielen als in den hannoverschen Dörfern des Gerichts Steimke. Zwar gab es auch in Böckwitz, Steimke, Dönitz und Wendischbrome Bienenhaltung, aber lange nicht so intensiv wie z.B. in Ehra und Wiswedel. Sicherlich hängt das mit der geografischen Lage der Dörfer Ehra, Wiswedel und Voitze zusammen, die in unmittelbarer Nähe der Bickelsteiner Heide lagen, so dass die Bienen in relativ kleinem Umkreis die Spättracht der Heide sammeln konnten. Ausgedehnte Heideflächen gab es um die Dörfer Wendischbrome, Zicherie-Böckwitz oder Steimke herum nicht, so dass eine ausgedehnte Imkerei wegen fehlender Spättracht schwierig war, denn sicherlich sind nicht alle Imker aus diesen Dörfern mit ihren Bienenstöcken in die Heide gewandert, was wegen der Reise, der Zollgebühren und des Fluchtgeldes mit erheblichen Kosten und Zeitaufwand verbunden war, der sicherlich bei einer Imkerei zur Deckung des Eigenbedarfs nicht lohnend gewesen wäre. Aus dem Flecken Brome gibt es für den Untersuchungszeitraum keinen Nachweis für Bienenhaltung, weder in Ehestiftungen noch in Gerichtsakten. Das mag zwei Gründe haben, zum einen, dass der Ort Brome keine großen Heideflächen aufzuweisen hatte und zum anderen, weil Brome eine andere wirtschaftliche Prägung hatte als das Umland. Während im Bromer Umland die Landwirtschaft dominierte, lebte der Flecken Brome hauptsächlich vom Handwerk und vom Handel. Mit Sicherheit hatten auch einige Handwerker nebenbei Bienen, aber für Ehestiftungen waren diese ebenso wie anderes Vieh kein bestimmender Faktor gewesen. Einziger Beleg für Bienenhaltung im Flecken Brome ist die von Pastor Johann Marschall im Jahr 1586 verfasste Beschreibung des neuen erbauten Pfarrhauses in Brome. Er erwähnt, dass Bienen auf dem Grashof standen, die vermutlich sein Eigentum waren.

Als Ergebnis kann zusammengefasst werden, dass die Imkerei im Raum Brome hauptsächlich in den Dörfern rund um den Flecken Brome in der Frühen Neuzeit wahrscheinlich überwiegend zur Deckung des Eigenbedarfs an Honig und Wachs ausgeübt wurde. Hauptberufliche Imker lassen sich anhand der hier untersuchten Quellen nicht nachweisen.

In einigen Ehestiftungen ging die Mitgift über die zwei Bienenstöcke nach Landesrecht erheblich hinaus, was darauf hindeutet, dass in diesen Haushalten besonderen Wert auf Bienenhaltung gelegt wurde. Auffällig ist, dass es sich bei den folgenden Ehestiftungen durchweg um solche handelt, in denen der Bräutigam in den Hof einer Witwe einheiratet. Die Ehemänner brachten ihr gesamtes Hab und Gut inklusive der vorhandenen Bienen mit in die Ehen ein. So ist die Ehestiftung zwischen Jacob Ruck und Anne Kausche, der Witwe von Hans Havekost im Jahr 1610 außergewöhnlich. Jacob Ruck heiratete in den Hof des verstorbenen Hans Havekost ein und brachte als Mitgift unter anderem zwei Ochsen, zwei Kühe, 33 Schafe und 33 Stock Bienen mit in die Ehe ein. Das ist die größte Anzahl von Bienenstöcken, die in den hier untersuchten Ehestiftungen und Gerichtsprotokollen erwähnt ist. Jacob Schröder aus Lessien, der am 4.Oktober 1685 Anne Pape, Witwe von Hans Kratge aus Lessien heiratete, brachte ein volles Landesrecht inklusive zwei Stöcke Bienen in den Hof von Anne Pape bzw. von dem verstorbenen Hans Kratge mit ein. Darüber hinaus hatte er noch weitere Besitztümer,  die er ebenfalls mit einbrachte:

Überdaß, so hat der Breutigamb noch 40 Haupter Schafe, welche er auch der Braut zufreyet, desgleichen auch 8 Stock Immen.

Ebenso brachte 1685 Hans Cordt aus Vorhop sieben Stock Bienen und ein Viertel Fass Honig mit in den Hof seiner Braut Ilse Melzian in Wiswedel ein. In einem anderen Fall heiratete Hans Meyer, Sohn des verstorbenen Voitzer Schulzen Jobst Meyer, am 4.August 1700 die namentlich nicht genannte Witwe von Hans Dörrheide aus Ehra. Er brachte ein volles Landesrecht ein sowie all seine anderen Besitztümer:

Überdaß bringet er noch in die Güter, so er vor seine Persohn hat, ein an Viehe 6        Ochsen, ein Rindt, 30 Köpfe Schaffe, 12 Stöcke Bienen undt ein Ton[ne] Honig.

Als Cathrine Halmann, Witwe von Hans Schultze zu Böckwitz, Hans Klopp aus Benitz am 8.Februar 1721 heiratete, war in der Ehestiftung zur Mitgift des Bräutigams folgendes vermerkt:

Zuförderst bringet der Bräutigamb in die Güther ein 10 Häupter Rindvieh, alß 5    Ochsen und 5 Kühe, 50 Köpfe Schaafe, 10 Stöcke Bienen nebst so viel Honig,        alß zu deren Ausfütterung nöthig ist, und 30 Thlr. baares Geldt, welches alles er    vor sich erworben hat.

Ganz anders verhielt es sich in der Ehestiftung zwischen Johann Klopp, Boitzenhagen und Margarethe Jürgens, Wendischbrome vom 8.Februar 1721. Der Ackermann Jürgen Jordan und seine namenlich nicht genannte Frau waren kinderlos geblieben und konnten ihrem Ackerhof in Wendischbrome nicht länger vorstehen. Deshalb übergaben sie ihren Hof an die Brautleute Johann Klopp, den Bruder von Jürgen Jordans Ehefrau aus Boitzenhagen, und Margarethe Jordan, der unverheirateten Schwester von Jürgen Jordan. Die Braut brachte den Jordanschen Hof in die Ehe ein, der Bräutigam Johann Klopp aus seinem Besitz 100 Thaler Bargeld, zwei Ochsen, eine Kuh, 50 Köpfe Schafe, fünf Stöcke Bienen und eine Tonne Honig sowie ein halbes Landesrecht, welches ihm sein Bruder aus dem väterlichen Hof in Boitzenhagen schuldig war.

Anmerkung:

Dieser Text ist zuerst in dem Heft 11 der Bromer Schriften zur Volkskunde erschienen. Es trägt den Titel Zur Bienenhaltung im Raum Brome im 17. und 18. Jahrhundert. Das Heft kann im Museum Burg Brome oder beim MHV Brome für 5,00 € erworben werden.

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Die Aufstellung von Wachhütten an der lüneburgisch-brandenburgischen Grenze im Juni 1731 wegen einer Viehseuche

In früheren Zeiten grassierten auch bei uns in der Gegend menschliche und tierische Seuchen, deren Ausbreitung auch bereits in der Frühen Neuzeit durch Grenzsicherungsmaßnahmen verhindert werden sollte. So brach im Jahr 1731 in brandenburgischen Territorien eine Viehseuche aus, deren Ausbreitung in das Fürstentum Lüneburg verhindert werden sollte. Um welche Tierkrankheit es sich damals handelte, ließ sich leider bisher nicht ermitteln.

Auf lüneburgischer Seiten wurden entlang der Grenze zur Altmark Wachhütten aufgestellt, die wohl permanent mit Soldaten besetzt waren. Aufgestellt wurden die Hütten an den Grenzübergängen, die hier von der Bevölkerung genutzt wurden. Auf einer Karte aus dem Staatsarchiv Hannover aus dem Jahr 1731 sind diese Hütten genau eingezeichnet.

In der Legende der Karte heißt es:

Der Situation der 3ten Cartte wie die Postirung nebst dennen Hüten gegen der Alten-Marck Brandenburg Wegen der daselbst Grassirenden Vieh-Seüche halber auf Hohe verordnung von denen Königlichen Groß Britanischen und Churfürstliche Braunschweigsch Lüneburgschen Herren Geheimbten Räthen durch den Obrist-Lieutenant von Middachten am 2ten Juny 1731 mit Regulaire Millice besetzet worden.

Und nimbt dieße Carte ihren anfanc von der Hütte No. 54. So vohr den Dorffe Tilitz Stehet, bis der Hütte No. 78 an der Zoll Stange in Katten-Loch genant, vohr den Dorffe Kroy im Gerichte Bromme an der Braunschweigschen Grentze. Wohin der Weck aus den Brandenburgsch. Dorffe Jahrsted leüfft.

A. von Walthausen, Lieutenant, fec:

Aus der Legende erfahren wir, dass die Grenzhütten seit dem 2. Juni 1731 mit Soldaten besetzt waren. Sie sollte verhindern, dass krankes Vieh in das Fürstentum Lüneburg hineingebracht wird.

In diesem Kartenausschnitt wurden die Ortsnamen zur Verdeutlichung in heutiger Schrift ergänzt. Die rote Linie ist die Landesgrenze zwischen Lüneburg und Brandenburg. Auf lüneburgischer Seite wurden an den mit Zahlen bezeichneten Orten Wachhütten aufgestellt. Die Darstellung des Bromer Bogens weicht erheblich von der 1692 vereinbarten Grenzziehung ab! (Original: Hauptstaatsarchiv Hannover)

Nach dieser Karten gab in in unserer Gegend insgesamt neun Wachhütten. Die Standorte werden in der Legende der Karte genau bezeichnet:

70 an der Alten Mühle oder Wensch Brommer Knick

71 Vohr Ollendorff auff dem Wege von Wensch Bromme

72 und 73 Zu Bromme werden aufm Hause abgelöhset

74 am Steimcker Fohrt

75 auff der Großen Herstrase vom Steimcke, nach Giffhorn und Hannover

76 vohr dem Dorffe Zicherey nach der Seyte von Bromme und Steimcke

77 an der andern Seyte von Zicherey gegen den Brandenbg. Dorffe Pöckefitz

78 an der Zoll-Stange in Katten-loch genant, vohr dem Dorffe Kroy an den Wege von den Brandenbg.  Dorffe Jahrstet nach Kroy

Als Maßnahme gegen die Ausbreitung der Viehseuche wurde also die Grenze damals intensiver kontrolliert.

Auch im Jahr 1682 standen entlang der Landesgrenze auf lüneburgischer Seite Wachhütten, wobei allerdings nicht klar ist, ob sie die Ausbreitung einer tierischen oder menschlichen Krankheit verhindern sollten. Von der Existenz dieser Hütten erfahren wir nur, weil nämlich brandenburgische Soldaten die lüneburgische Wachhütte zwischen Wendischbrome und Altendorf niedergebrannt hatten, da sie angeblich auf einem streitigen Ort gestanden haben soll. Der Grenzverlauf war damals nicht genau festgelegt. Dieser Umstand sollte sich erst mit dem Vertrag von Wallstawe im Jahr 1692 ändern.

Die heimische Flussperlmuschel

Flussperlmuschel ca. 40 Jahre alt (Foto: Hans Jürgen Wiegleb)

Nach langem Suchen habe ich einige Exemplare der Flussperlmuschel an der Ohre beim Flecken Brome gefunden. Damit ist der Nachweis von beheimateten Muscheln gegeben. Die Größe der Schalen (160x85x50mm) zeigt auch, dass sie schon viele Jahre in diesem Gewässer leben. Die Qualität des  Wassers und der Lebensraum sind  für die Tiere sehr gut.

Fundort von Flussperlmuscheln an der Ohre in Brome (Foto: Hans Jürgen Wiegleb)

Die unter Naturschutz stehende Flussperlmuschel (Margaritifera Margaritifera) ist selten geworden, denn sie liebt reine kalkarme Gewässer und hat ihre Heimat in ungestörten Flüssen der Lüneburger Heide, dem Bayerischen Wald, Fichtelgebirge und im Voigtland. Die Muschelart kann 60 bis 80 Jahre alt werden und Perlen erzeugen. Die Brutpflege erfolgt in den inneren und äußeren Kiemenblättern, Laichzeit ist im Juli und August, Brutzeit etwa 14 Tage. Verbreitet werden sie als Parasiten an den Kiemen von Bachfischen. Die Flussperlmuschel braucht  ca. 15 Jahre in ihrer Entwicklung bis zur Produktionsfähigkeit von Perlen. Die Perlbildung wird durch Verletzung der Muschel durch einen Fremdkörper verursacht. Die Perlmutt-Absonderung  kapselt die Verletzung mit Fremdkörper ab und bildet schichtweise eine Perle. Die Schichten wachsen im Jahr ca. 0,05 mm. Nur so kann es sein, dass  jede 3000ste Muschel  durch Zufall eine brauchbare Perle enthält. Eine 4 mm Perle hat eine Wachstumszeit von ca. 20 bis 25 Jahren.

Flussperlmuscheln ca. 10 Jahre alt (Foto: Hans Jürgen Wiegleb)

Das Perlensuchen in der Heide hatte in früheren Jahrhunderten Tradition und  man findet in den Museen noch viele Schaustücke mit Perlen und Perlstickereien. Das Perlmutt der Schalen wurde ebenfalls  verarbeitet und man hat die Muschel  als Nahrung verzehrt.

Im ausgehenden Mittelalter und vermutlich schon früher war das Fischen nach Perlen der Flussmuschel  ein Privileg der Klöster und Landesherren. Die gewonnenen Perlen wurden in den Klöstern im  Heideraum  für Schmucktextilien verwendet. Harte Strafen für Raubfischerei  waren angezeigt. Nach der Reformation  hatten nur noch die Landesherren das Vorrecht der Perlfischerei. Von 1641 bis 1709 überwachten beeidete Aufseher das fürstliche Hoheitsrecht der sachgemäßen  Fischerei  in der Fuhse, Lachte, Lutter, Gerdau, Heidbek, Luhe und anderen Flüssen. 1658 ließ Herzog Christian Ludwig eine Strafandrohung von 50 Reichstalern bei Raubfischerei verkünden. 1664 wurde die Heidbek bei Hollenstedt,  1671 die Luhe bei Wulfsen und Toppenstedt und die Aue bei Bodenteich  als Fundpunkte benannt.  Die Herzogin Eleonore, Frau des Herzogs Georg Wilhelms, besaß eine schöne Kette aus heimischen Flussperlen. 1706 lieferten drei beeidete Perlfischer 292 unreife und 295 reife Perlen. Eine völlig runde Perle von 15 Gran wurde in der Gerdau bei Uelzen gefunden.  Die Muscheln wurden fachgerecht den Bächen entnommen,  vorsichtig mit speziellen Zangen geöffnet, kontrolliert und wieder lebend auf den Bachgrund zurückgesetzt.   Nach 1700 begann der Raubbau und die Muschelbestände wurden fast vernichtet. Erst 1840 bis 1870 wurden wieder größere Mengen der Muscheln gefunden. Ein Hamburger schenkte 1860 der Königin Marie von Hannover 64 sehr schöne Flussperlen.  1906 und 1926 gibt es Kunde von Perlfunden in der Aschau bei Beedenbostel  und in der Lachte bis zu einem Gewicht von 15,5 Gran. Es gab auch in den 1930er Jahren Versuche von Perlzucht mit den Flussperlmuscheln  im Heideraum.  Man setzte Kerne ein und betrieb Bestandspflege. Die Muscheln und Perlen wuchsen sehr langsam und konnten mit dem Weltmarkt nicht mithalten. Das Verbot der wilden Perlfischerei  in der Lutter und Lachte der Landesregierung Niedersachsens  nach dem 2. Weltkrieg  erinnert an das Vorhandensein von Flussperlmuscheln. 1951 gab es wieder Meldungen von seltenen Kostbarkeiten in der Lachte und Lutter.

Perstickerei Kloster Isenhagen (Foto: Hans Jürgen Wiegleb)
Perlstickerei Kloster Lüne (Foto: Hans Jürgen Wiegleb)

In den Frauenklöstern der Lüneburger Heide wie Kloster Ebstorf, Isenhagen, Lüne, Walsrode und Wienhausen  werden Applikationsarbeiten aus dem Spätmittelalter erhalten und teilweise gezeigt.

Perlmutverarbeitung (Foto: Hans Jürgen Wiegleb)

Die Geschichte der Zollstelle und des Dorfes Boldam in der Nähe des Katlochs bei Croya (1572-1628)

Das Jahr 1428 sorgte für die politischeTeilung des Bromer Landes! Zur dritten Teilung der welfischen Fürstentümer Braunschweig und Lüneburg kam es 1428 auf Wunsch des Herzogs Wilhelm, der 1416 gemeinsam mit seinem Bruder Heinrich seinem Vater im Fürstentum Lüneburg nachgefolgt war. Ihr Onkel Bernhard erhielt bei dieser dritten Teilung das Fürstentum Lüneburg, Wilhelm und Heinrich bekamen gemeinsam das Fürstentum Braunschweig. Diese Teilung hatte auch Auswirkungen auf das Gebiet der heutigen Samtgemeinde Brome. Die Dörfer Wiswedel, halb Voitze, Ehra und Lessien gehörten damals zur Mark Brandenburg. Sie waren Exklaven im Lüneburgischen und wurden erst mit dem Vertrag von Wallstawe im Jahr 1692 lüneburgisch. Während die Dörfer Brome, Benitz, Altendorf, Zicherie, Croya, halb Voitze und Tülau-Fahrenhorst durch die Teilung 1428 lüneburgisch blieben, gehörten Ahnebeck, Parsau, Rühen, Brechtorf, Tiddische, Hoitlingen, Eischott und Bergfeld zum Fürstentum Braunschweig. Zwischen Croya und Ahnebeck verlief also seit 1428 eine Landesgrenze! Noch heute zeugt der Landgraben zwischen den beiden Orten von dieser politischen Teilung.

Am Katloch Blickrichtung Zicherie. Von hier aus gesehen links hinter der Kurve, wohl auf der Anhöhe, hat einst das Dorf Boldam gestanden mit der Zollstelle. (Foto: Jens Winter)

In der Kurve der heutigen B244 von Croya Richtung Zicherie befindet sich das sogenannte Katloch. Der immer noch vorhandene Graben aus dem Lütjen Moor mündete einst in einen westlich der Straße gelegenen Teich, der auf der Karten von Strauß aus dem Jahr 1688 den Namen „Katlocher Deich“ trägt. Nordöstlich dieses Teiches hat sich ein das Dorf Boldam befunden. Hier standen einst drei Häuser: der Krug, in dem der Zöllner wohnte, sowie zwei Kothöfe. Ob dieses Dorf extra als Zollstelle an dieser Stelle angelegt wurde, lässt sich nicht belegen. Die ersten urkundliche Erwähnung findet sich in den Bromer Gerichtsprotokollen. Hier werden im Jahr 1572 die zum Bromer Gericht gehörenden Orte aufgezeichnet: Brome, Zicherie, Schürnau, Altendorf, Benitz, Nettgau, Tülau, Petzenau, Clepow, halb Massien, Sierau sowie vor dem Boldam die beiden Kothöfe. Der Krug wird hier aus unbekannten Gründen nicht erwähnt.

Im Jahr 1585 wird in den Bromer Gerichtsprotokollen ein gewisser Arendt von der Hude, Zöllner im Boldam erwähnt. Er war auch zwei Jahre später dort noch Zöllner, denn er musste wegen eines gegen ihn angestrengten Gerichtsprozesses vor dem Gericht auf der Burg Brome erscheinen. Der Gardelegener Bürger Ringener Oltze klagte gegen ihn wegen der immer noch nicht zurückgezahlten Schulden in Höhe von 87 Thaler 12 Schilling.

Einige Jahre später, nämlich 1592, taucht ein anderer Zöllner in den Gerichtsakten auf, nämlich Jacop Kampelenn, Zöllner im Boldam. Er war Zeuge beim Kaufvertrag eines Hofes im Boldam. Hans Tilsen kaufte die Kote von Andreas Probst im Boldam für 63 Thaler Kaufgeld. Das besondere daran ist, dass Tilsen den Hof seines Nachbarn Probst kaufte! Es bestanden demnach in Boldam neben dem Krug noch zwei Kothöfe.

Im gleichen Jahr pfändete der Zöllner im Boldam sechs Pferde von nicht genannten Ohrdorfern wegen geübten Unwillens.

Im Jahr 1596 erfahren wir, dass im Boldam noch der Zöllner sowie Hanß Lembke lebten. Wie Hanß Lembke an den Kothof bzw. die beiden Kothöfe gekommen ist, ist nicht bekannt.  Im Jahr 1602 werden als Bewohner des Boldam der Zöllner Klippen Hanß und Hanß Bartels genannt.

Im Jahr 1604 pfändete der Krüger und Zöllner Hans Barleben in Boldam dem Schneider zu Böckwitz ein Pferd ab, weil dieser einen Eichbaum stehlen wollte.

In Boldam ist es auch einmal zu einer Schießerei gekommen, die leider nicht genau datiert werden kann. Fest steht, dass Hans von Barleben aus unbekannten Gründen auf Bartoldt Peters aus Zicherie geschossen hat. Peters wurde verletzt und der Arztlohn zu seiner Genesung betrug insgesamt 23 Thaler, die vom verurteilten Täter Hans von Barleben getragen werden mussten. Diese Summe hatte Peters dann, wohl in Form einer Ratenzahlung, am 8. Januar 1605 zur Genüge erhalten, wie es in den Gerichtsakten heißt.

Der Dreißigjährige Krieg erreichte auch das Gebiet der Samtgemeinde Brome und die Folgen waren, gerade für das Dorf Boldam, verheerend. Im Jahr 1628 wurden die drei Höfe im Boldam durch Tillys Truppen verwüstet. Noch 1661 schreibt der Knesebecker Amtmann Wilhelm Schultze, dass der Krug und die beiden Kothöfe wüst sind. Der Wegezoll wurde dann auch nicht mehr in Boldam genommen, sondern in Croya. Das Dorf Boldam wurde also 1628 vollkommen zerstört und wurde dann nicht wieder aufgebaut!

Nach den Bromer Gerichsakten stand im Jahr 1692 eine Zollstange, worauf man denen von Bartensleben Zoll geben muss, am Katlocher Kamp. Der Zoll selbst wurde aber dann in Croya kassiert. Auch im 18. Jahrhundert wurde der Zoll weiterhin in Croya kassiert, wie wir aus den Wolfsburger Gerichtsprotokollen. Zum Croyaner Zöllner folgt sicherlich in Zukunft noch ein Blogbeitrag!

Auf der Karte von Strauß aus dem Jahr 1688 ist der Katlocher Deich eingezeichnet (links in der Mitte). Darüber steht die Zollstange derer von Bartensleben. Das damals bereits wüste Dorf Boldam ist nicht eingezeichnet. Zwischen Croya (auf der Karte als „Croy“ bezeichnet) und Ahnebeck verläuft der Landgraben. (Quelle: Hauptstaatsarchiv Hannover)
Auf einer Karte des Herrschaftsbereiches derer von Bartensleben auf der Wolfsburg, die vermutlich aus dem 18. Jahrhundert stammt, ist in diesem Ausschnitt links das Dorf Croya zu sehen. Nordöstlich von Croya ist das Katloch zu sehen mit dem Katlocher Damm. Etwas nordöstlich davon ist links neben dem Weg nach Zicherie zu lesen: „die wüsteney Catloch“. Dort existierte einmal das Dorf Boldam! (Quelle: Hauptstaatsarchiv Hannover)
Auf der Grenzkarte von Spaldeholz und Michaelsen aus dem Jahr 1754 ist das Katloch ebenfalls eingezeichnet. In Richtung Zicherie befand sich damals noch die Zollstange derer von Bartensleben. Boldam ist hier nicht mehr eingezeichnet, da es damals bereits über 100 Jahre nicht mehr existierte. Das Dorf muss sich ungefähr dort befunden haben, wo die Zollstange eingezeichnet ist, also am Ende des Katlocher Dammes Richtung Zicherie (Quelle: Hauptstaatsarchiv Hannover)
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