Im Archiv Museum Burg Brome befindet sich in den Wiswedeler Gemeindeakten ein Schreiben des Gerichts Wolfsburg an die Wiswedeler Untertanen, das auf den 26. März 1826 datiert ist. Es handelt sich um eine Zahlungsaufforderung, die von den Untertanen bis zum 10. April 1826 morgens um 9 Uhr zu begleichen war.
Bemerkenswert ist der Inhalt des Schreibens, denn darin werden 23 gerichtliche Untersuchungen aufgezählt, die von den Untertanen der Dörfer Sandkamp, der Dörfer des Boldecker Landes, dem Dorf Croya und den ehemaligen brandenburgischen Dörfern Ehra, Lessien, Wiswedel und halb Voitze zu bezahlen waren. Gleich unter Punkt 1 wird die gerichtliche Untersuchung eines in Voitze tot aufgefundenen Körpers aufgezählt. Diese muss im Jahr 1807 oder früher stattgefunden haben! Die Gebühren für die Untersuchung wurden aber erst 29 Jahre später abgerechnet. Unter Punkt 6 wird die Untersuchung eines weiteren toten Körpers, ebenfalls in Voitze aus dem jahr 1814 erwähnt. Unter Punkt 22 wird ein Brand in Jembke genannt. Vermutlich handelt es sich dabei um den Brand im Jahr 1824, nach dem auch die Bromer Bürger für die Abgebrannten gespendet hatten. Die anderen aufgezählten Untersuchungen sind leider nicht datiert.
Die Gesamtsumme für alle Döfer belief sich auf über 337 Reichstaler. Der Anteil der Wiswedeler Untertanen betrug 12 Reichstaler 12 Groschen 2 Pfennig. Den Erhalt dieser Summe quittierte der Gerichtsbote Böwing am 25. Juni 1826 im benachbarten Steimke.
Hier der Text des Dokuments:
Da die durch folgende Untersuchungen
wegen eines zu Voitze gefundenen toden Körpers, weshalb die Gemeinde Voitze auf das letzte Ausschreiben vom 8ten Sept. 1807 an Unkosten 14 Thlr. 9 ggr abgezogen hat,
wegen des Inquisiten Sauerwatd
wegen Dedekind
wegen einer Besichtigung zu Oslos wegen Tietge
wegen Worckmeister
wegen eines im Jahr 1814 zu Voitze gefundenen todten Körpers
wegen Bischof zu Tappenbeck
wegen einer im Zollhause entwendeten Uhr
wegen des Färber Krüger
wegen des Grosgebausschen Todtschlags
wegen des Pferdediebes Olfermann
wenige des bei Evers in Sandkamp verübten Diebstahls
für mehrmalige Bestellung und Jistierung der Sophie Lohmann nach Gifhorn
wegen des Brandes der Weihäuser Mühle
wegen eines Bäumediebstahls zu Sandkamp
wegen des zu Sandkamp arrestierten Daubert
wegen des Deserteur Koch zu Tappenbeck
wegen des mit einem Meßer verwundeten Kauschischen Kindes zu Jemcke
wegen des ehemaligen Soldat Müller zu Tappenbeck
wegen des Brandes zu Tappenbeck inso weit eine Erstattung nicht erfolgt ist,
wegen des Schraderschen Wagens in Jemcke
wenige des Brandes zu Jemcke
wegen des Franerschen Diebstahls zu Bockensdorf
verursachte, und sich auf
337 thlr 1 ggr – ch-
belaufende baare Auslagen wozu ein jeder der combinirten Unterthanen des Dorfs Sandcamp, Croye, des Boldeckerlandes und die der permutirten Dörfer, mit Ausnahme der ganz kleinen Leute zu Jemcke, Barwedel, Ehra und Croye, welche bei diesen Dörfern besonders aufgeführt werden sollen,
12 thlr 6 ggr 2 ch Covent Münze auf zu bringen hat, so wird den Eingeseßenen hierdurch anbefohlen, diese Vorschüße binnen 4 Wochen und spätestens in termino
den 10ten April Morgens 9 Uhr auf der Gerichtsstube zu Brome bey H. Landvoigt Krause ein zu bringen.
Bereits in einem früheren Blogbeitrag wurde kurz auf die Geschichte der drei Wiswedeler Hirtenhäuser eingegangen. Am 28. März 1859 kaufte der Schäfer Christoph Pohlmann eines der drei Hirtenhäuser.
Anscheinend war bereits sein Vater Johann Friedrich Christopher Paulmann/Pohlmann Hirte in Wiswedel gewesen. Er wurde am 25. Oktober 1780 in Wesendorf/Wahrenholz geboren und verstarb am 11. November 1855 in Wiswedel. Er war seit dem 30. August 1816 mit Ilse Marie Dorothea Paulmann/Pohlmann geb. Schmidt verheiratet. Sie wurde im Jahr 1798 geboren und verstarb zu einem bisher unbekannten Zeitpunkt nach dem 27. Mai 1869.
Der Schäfer Christopher Pohlmann wurde am 21. September 1816 in Kästorf geboren und verstarb am 19. März 1878 in Wiswedel. Er heiratete am 13. November 1846 Anna Marie Sophie Pohlmann, geb. Knoke (1824-1898). Ihr Sohn Heinrich Friedrich Christoph Pohlmann wurde am 17. Dezember 1847 in Wiswedel geboren und verstarb dort am 16. November 1917. Über die beiden anderen Kinder wissen wir bisher nur das, was aus dem unten stehenden Brief hervorgeht.
In einem Brief, datiert auf den 27. Mai 1869, wandte sich Christoph Pohlmann an das Amt Isenhagen mit der Bitte, seinen ältesten Sohn Heinrich Friedrich Christoph vom Militärdienst freizustellen. In diesem Schreiben schildert er eindrücklich seine schwierige persönliche Situation, die ihn zu dieser Bitte bewog. Er schreibt, dass seine Ehefrau seine gebrechliche 73jährige Mutter sowie seine über Monate erkrankte jüngste Tochter pflegte. Auch beschreibt er die Mühen seiner Arbeit als Tagelöhner detailliert. Er bat inständig darum, seinen Sohn vom Militärdienst zu befreien, da er zu Hause für die Ernährung der Familie unabkömmlich gewesen wäre.
Hier der Brief im Wortlaut:
An das Königlich Preußische Amt Isenhagen
Reclamation
des Anbauers Christoph Pohlmann
in Wiswedel
vom 27. Mai 1869
„Die vorläufige Befreiung seines Sohnes, des Militärpflichtigen Heinrich Friedrich Christoph Pohlmann aus dem Geburtsjahr 1847, vom activen Militärdienste betreffend.
Mein Sohn ist im vorigen Jahre bei der Untersuchung des Militairpflichtigen als dienstpflichtig angesetzt, dann später mit einem Urlaubspasse entlassen, und bis jetzt nicht zum activen Dienste eingefordert.
Da meine Verhältnisse früher der Art waren, daß ich keine triftigen Gründe hatte um die Befreiung meines Sohnes vom Militairdienste nachzusuchen, so enthielt ich mich aller Reclamationen. Erst in den letzten Monaten haben sich meine häuslichen Verhältnisse so gestaltet, daß ich mich gedrungen sehe, um die vorläufige Befreiung meines Sohnes nachzusuchen.
Ich habe nur eine kleine Anbauerstelle mit in Allem etwa 3 Morgen Grund und Boden, darauf ruhet eine Schuldenlast von 400 rt. – Ich habe außer Frau und 2 noch unmündigen Kindern meine Mutter, eine Frau von 73 Jahren, die durch fortwährende Gicht fast ganz verkrüppelt ist zu ernähren und zu pflegen. Meine jüngste Tochter, ein Kind von 10 Jahren, ist seit Februar d. J. krank und muß fortwährend beaufsichtigt werden. Meine Frau, die auch nur schwächlich ist, kann weiter nichts thun, als nur die kranke Mutter und Tochter beaufsichtigen und verpflegen, die Besorgung des Hauswesens liegt mir mit ob. Ich bin somit der einzige Erwerber und muß, da ich kein Handwerk treibe, durch Tagelohn den Unterhalt zu erwerben suchen. Da ich nun aber bei etwas schwerer Arbeit immer Blut auslasse, dieselbe also meiden muß, wenn ich mich nicht ganz zu Grunde richten will, – da ich außerdem die häusliche Arbeit mit verrichten muß, – so ists mir rein unmöglich, durch Tagelohn bei dem Bauern so viel zu verdienen, daß ich die Zinsen bezahlen, die Lasten und Abgaben trage, Arzt und Apotheker bezahle und die allernöthigsten Lebensbedürfnisse herbeischaffe. Ich habe deshalb meinen ältesten Sohn, den Militairpflichtigen schon im Winter zu Haus nehmen müssen, damit der in Tagelohn gehe und mit dadurch die Ernährung der Familie möglich mache.
Unter diesen Umständen glaube ich mit Zuversicht die Bitte vortragen zu dürfen:
Königliches Amt wolle gütigst vermitteln, daß mein Sohn vorläufig vom dem activen Militairdienste befreiet bleibe.
In der Hoffnung, daß diese meine Bitte, zu der mich nur die augenblickliche Noth treiben konnte, geneigte Berücksichtigung finden werde, empfiehlt sich
Bereits in einem vorherigen Blogbeitrag ging es um die Gründung der Wiswedeler Schule und das Gehalt des ersten Lehrers Kravehl im Jahr 1771.
Ein weiteres Dokument erhellt ein wenig die Einnahmesituation des Wiswedeler Lehrers Reinecke im Jahr 1824. Er beschwerte sich beim Bromer oder Wolfsburger Gericht über den Ackermann Schulze, weil diese zu hohe Geldforderungen für die Beackerung der Flächen stellte.
Dem Wiswedeler Lehrer standen der Reihe nach jedes Jahr 3 Scheffel Land zusätzlich zu dem zur Dorfschule gehörigen Ackerland zu. Nach der Reihe heißt, dass jedes Jahr ein anderer der sechs Wiswedeler Ackermänner dem Lehrer diese drei Scheffel Land zur Verfügung stellen musste.
Jedoch erhielt der Lehrer das Land nicht ganz kostenfrei, denn er musste für Bereitstellung, Pflege und Düngung bezahlen. Für jeden Scheffel Ackerland sollte Reinecke 8 Silbergroschen zahlen, für die Pflege des Landes ebenfalls 8 Silbergroschen, für das „Streken“ 2 Silbergroschen und das Mistfahren zur Dügung pro Fuder 1 Silbergroschen 6 Pfennige. Dies waren die üblichen Sätze, wie sie laut Reinecke immer bezahlt wurden.
Dazu bekam der Ackermann dann auch noch als Verpflegung Branntwein, Butterbrot und Speck.
Ackermann Schulze wollte sich 1824 allerdings nicht an diese althergebrachten Preise halten und verlangte für das Mistfahren 3 Silbergroschen pro Fuder – also das Doppelte!
Daraufhin beschwerte sich Reinecke beim Gericht und argumentierte, dass die Leistungen der Ackermänner als ein Teil seines Gehalts anzusehen sind und er deshalb nicht bereit wäre, höhere Preise zu akzeptieren.
Der Ausgang der Beschwerde ist nicht bekannt.
Hier der Text des Dokuments in Gänze:
Actum Wolfsburg den 27ten April 1824
Dito erschien
der Schullehrer Reinecke aus Wiswedel und zeigte beschwerend an:
Schon meine Vorgänger Isensee hat von den 6 Eingesessenen zu Wiswedel einige Morgen Land zu seinem Unterhalt in Nutzung gehabt.
Dies Land ist mir auch geworden, und es wird damit folgender gestalt gehalten.
Einer von den 6 Eingesessenen giebt ab zu 3 Schffl wenn ihn die Reihe trieft, so daß ich jährlich 6 Schffl. Roggen und 3 Schffl. Aussaat Haber habe.
In das Feld aber darin der Brachroggen à 3 Schffl. kommt, wird den Sommer zuvor Buchweitzen gesäet.
In diesem Frühjahr muß der Ackermann Schulze 3 Schffl. aus thun, dagegen habe ich
für jeden Schffl. Land 8 ggr
daßelbe zupflegen 8 ggr
zu Streken 2 ggr und
den Mist dafür zu fahren für jedes Fuder 1 ggr 6 ch entrichten müßen;
und dabey
etwas Brantwein, Butterbrodt, Speck zum besten gegeben.
Jezt verlangt der Ackermann Schulz der die auszuthuende 3 Schffl. Land auch beackern und den Dünger dahin fahren muß, für jedes Fuder Mist zu fahren 3 ggr dazu kann mich aber bey meinem schlechten Dienst und der Ungutmöglichkeit des Landes nicht verstehen, und halte noch dafür, daß ich das nicht schuldig bin, weil ich es als einen Theil meines Salarii ansehen muß, daß mir jenes Land um den alten Preiß eingethan und gepflügt auch bedüngt werden müße.
Ich muß daher bitten mich bei diesem Dienst [Folgende zwei Worte unklar: emoti meat?] zu schützen, und den Bekl. aufzugeben, daß derselbe meinen Mist sofort um den alten Preiß abfahren, widrigen falls alle Schäden, und Kosten erstatten solle, ref. expo,
Der Gemeinde Wiswedel wurde mit Verfügung vom 28. Dezember 1770 erlaubt, sich einen eigenen Schumeister zu halten. Daraufhin wurde im Jahr 1771 die erste Schule in Wiswedel errichtet und erster Schulmeister wurde Johann Daniel Kravehl. Wo genau das erste Schulgebäude gestanden hat, ist bisher unklar. Bereits 1825 wurde ein neues Schulhaus gebaut (heute: Dorfring 2) und das alte wurde als Hirtenhaus weiter von der Gemeinde Wiswedel genutzt.
Im Archiv Museum Burg Brome ist ein interessantes Dokument aus der Gründungszeit der Schule erhalten – ein Einkommensnachweis des ersten Schulmeisters. Das Dokument wurde, wie ganz unten zu lesen ist, vom Schulmeister Johann Daniel Kravehl persönlich abgeschrieben. Wir kennen also die Handschrift des ersten Wiswedeler Schulmeisters. In den Dokument heißt es:
Copia
Die Gemeinde Wiswedel, sind schuldig zu folge ihrer Erklärung vom 1ten May: 1770, ihren Neuen Schul-Meister zu geben folgendes.
1 Jährlich aus jedem Hofe Einen Himbten reinen Rocken, Acht gute Groschen Geld und ein Fuder Holtz.
2 Jährlich Zwölf gute Groschen Schul-Geld von einem jedem Hofe aus welchen Hofe ein oder mehrer Kinder zur Schule gehen.
3 Jährlich Ein Brodt von 8 Pf.: Vor jedes Kind so zur Schule gehet.
4 Wenn Ein Kind schreiben lernet 4 ggl: aufs Jahr.
Wolfsburg den 7ten Semptbr: 1771.
Abgeschrieben in Wiswedel Joh: Dan: Kravehl
Schulmstr:
Die Abschrift wurde vom ersten Wiswedeler Schulmeister Johann Daniel Kravehl angefertigt.
Interessant ist, dass damals die Bezahlung nicht nur in Geld geleistet wurde, vielmehr waren auch Naturalabgaben ein großer Teil des Einkommens. So bekam Kravehl aus jedem der damals bestehenden sechs Höfe einen Himten Roggen. Ein Himten Roggen umfasst ungefähr 30 l, was etwa 20 bis 23 kg Roggen entspricht. Insgesamt erhielt er demnach um die 125 kg Roggen. Außerdem bekam er von jedem Hof ein Fuder Holz, das zum Kochen und Heizen notwendig war. Von jedem Schulkind bekam er zusätzlich noch jedes Jahr ein Brot von 8 Pfund Gewicht.
An Geld bekam er von jedem Hof 8 Gute Groschen und wenn es Kinder gab, die aus dem Hof zur Schule gingen, dann noch einmal 12 Gute Groschen.
Die letzte Regelung erscheint besonders interessant, denn die Einnahmen aus diesem Posten waren an den Schulerfolg des Kindes gebunden. Nur wenn das Kind schreiben lernte, mussten zusätzlich 4 Gute Groschen an den Lehrer gezahlt werden.
Zum Überleben eines Schulmeisters mit Familie waren diese Einnahmen sicherlich nicht ausreichend. Zusätzlich zu diesem Gehalt hatte der Schulmeister samt Familie freie Wohnung im Schulhaus und noch sechs Morgen Land, das er selbst bestellen konnte. Dazu erhielt er von jedem Hofbesitzer nach der Reihe noch drei Morgen Land zugewiesen. Der betroffene Bauer musste für Lohn dieses Land düngen und pflügen.
Hermann Friedrich Wilhelm Krause wurde am 7. Dezember 1897 in Brome als Sohn des Töpfermeisters Hermann Krause und seine Frau Marie geb. Jürgens geboren. Nach dem Besuch der Bromer Schule machte Hermann Krause jun. eine Ofensetzerlehre im väterlichen Betrieb in seinem Elternhaus Junkerende 3.
Am 21. Oktober 1916 ist er im Alter von 18 Jahren in das stehende Heer eingetreten beim Rekrutendepot des 1. Jäger-Ersatz-Bataillons Nr. 10 in Goslar.
Hermann Krause (rechts) während seiner Grundausbildung Ende 1916/Anfang 1917
Nach einer kurzen, rund zweimonatigen Ausbildung rückte Hermann Krause mit seiner Kompanie an die Ostfront nach Rumänien. Im Jahr 1918 wurde seine Einheit dann in Frankreich eingesetzt.
Hermann Krause im Kriegsjahr 1917
Vom 25. Juni bis 14. Juli 1918 war Hermann Krause während seines Urlaubs das letzte Mal in Brome. Dort entstand folgende Fotografie:
Letzte Fotografie von Hermann Krause (Juni/Juli 1918). Oben an seiner Uniformjacke trägt er die Bandspange zum Eisernen Kreuz II. Klasse, unter das Verwundetenabzeichen in Schwarz.
Seinen letzten Brief schickte er am 25. August 1918 an seine Schwester Emmy. Darin wird deutlich, dass er nicht unbedingt von seinem Überleben ausging:
Schützengraben, den 25.8.18.
Liebe Emmy!
Zunächst meinen herzl. Dank für Deinen lieben Brief vom 18.8. Wie Du schreibst[,] geht es Dir und allen zu Hause recht gut, was auch bei mir der Fall ist. Mein Arm ist so einiger maßen wieder heil. Wir sind immer noch in Stellung, dachten doch abgelöst zu werden[,] aber wird wohl noch eine Zeit dauern, na die hauptsache gesund bleiben.
Wir sind immer noch in der Somme Gegend. Habt ihr meine Briefe alle erhalten. Von Euch bekamm ich gestern auch sehr viel Post, einen von Manda vom 16.[,] einen von Mimmi vom 18. herzl Dank., freut mich immer[,] wenn ich lese[,] das es Euch in der Heimat gut geht. An Karl konnte ich leider nicht schreiben, habe seine Ad[dresse] nicht[,] müßt sie mir gleich schreiben. Von Willy bekamm ich gestern auch einen Brief, er muß besoffen gewesen sein[,] als er den geschrieben hat, er schreibt Gefrt. Krause. L. Emmy Ihr müßt meine schlechte Schrift entschuldigen[,] hier geht es nicht besser, Gott möge doch bald den langersehnten Frieden kommen lassen, habe ich keine Lust mehr zu diesem schwindel. Am 22. habe ich an Pappa ein Paket mit Taback abgeschickt[,] hoffentlich kommt es an. Von Robert bekamm ich auch eine Karte, er schreibt, das er Pappa zum Geburtstag geschrieben hat, und ob ich mein Urlaub gut zu Hause verlebt habe.
Nun liebe Emmy gratuliere ich herzl. zu Dein Geburtstag, und wünsche Dir von Herzen alles gute, das Du diesen tag noch recht oft, mit Deinen lieben Eltern und Schwestern verleben kannst. Wollte könnte bei Euch in der Heimat sein, aber war Gott trift[,] ist wohl getahn! Nun feiert Dein Geburtstag so gut es geht, in Gedanken bin ich bei Euch. Ich werde man auch bald 21 Jahr, und muß meine Jugend hier in Feindesland zubringen! Wenn Du nun an Karl schreibst[,] grüße Ihn, und schuldige mich[,] das ich nicht schreiben konnte. Habe hier in Stellung wenig Zeit zum schreiben, also nur an Euch!
Nochmals herzl. Glückwunsch zum Geburtstag!
Gruß an Mamma, Papa, Mimmi, Manda.
Und Du liebe Emmy nun 1000 herzl Grüße von
Deinen lieben Bruder Hermann.
Wer weiß[,] ob wir und Wiedersehen!
Heute ist ja auch Sonntag, in Deutschland.
Paket No. 35 erhalten[,] 31 noch nicht.
Am 18. September 1918 ist Hermann Krause in der Nähe des Dorfes Épehy (Frankreich) gefallen. Zwei Kameraden berichten in Briefen an seine Eltern über seinen Tod. Hier zunächst zwei Briefe von Paul Schulze:
Werte Familie Krause!
Mache Euch hiermit die traurige Mitteilung, daß Euer lieber Sohn Hermann am 18.9. morgens um 7 Uhr den Heldentod für sein Vaterland durch mehrere Granatsplitter gestorben ist. Ich selbst bin mit Eurem lieben Sohn Hermann fast zwei Jahre bei einer Kompanie zusammen gewesen, wir waren beide die besten Freunde, haben beide immer zusammen Posten gestanden, und hat einer für den andern gesorgt. Und ich habe Hermann versprechen müssen, wenn ihn was passiert, seine Eltern Mitteilung zu machen, ich hätte es Euch schon gern eher mitgeteilt, aber es ging alles drunter und drüber her, der Engländer griff dauernd an und man konnte keine Post los werden. Am 21.9. abends wurde ich durch Granatsplitter in die rechte Schulter verwundet, und bin jetzt hier im Lazarett angekommen. Es ging böse her, an der der Front, und haben schwere Tage müssen durchmachen.
Werte Familie Krause!
Es war am 18. Sept. morgens. Ich stand mit Eurem Sohn Hermann auf Posten, um 6 Uhr legte der Engländer starkes Artilleriefeuer auf unsere Stellung, und griff mit starken Kräften an, wir konnten die Stellung nicht mehr halten, rechts war der Engländer schon in unser Graben drin, und wir mußten zurück gehen. Beim zurück gehen schlug eine Granate dicht bei Hermann und mich ein, Hermann war sofort tot, ich habe seine Wertsachen abgenommen, und [wir] haben ihn dann beerdigt. Der Ort heißt, wo er begraben liegt[,] Epihy, zwischen Peronne und Cambrai. Wir waren immer zusammen wie zwei Brüder und war mir so schwer zu Mute, als wenn es mein Bruder gewesen wäre.
Werte Familie Krause!
Habe hier sämtliche Wertsachen von Eurem lieben Sohn Hermann. Wollte dieselben an der Schreibstube abgeben, hatte keine Gelegenheit zu, weil ich verwundet wurde, und nicht zur Schreibstube zurück gekommen bin. Sämtliche Wertsachen sind zwei Brieftaschen mit sämtlichen Briefsachen und Photographien, Uhr mit Kette, Fingerring, Messer, Erkennungsmarke, Portomane mit 24,50 M, Zigarettendose und Brustbeutel mit Heiligenbrief. Wenn es Euch nicht zuviel Umstände macht, hätte ich es gern, damit die Sachen alle richtig in Euer Hand kommen, persönlich abholen würdet von hier, oder soll ich dieselben als Wertpaket per Post schicken. Schreibt doch bitte darüber bescheid.
Außerdem hat Euer Sohn Hermann noch mehre rückständige Löhnungen von der Kompanie zu bekommen, in Stellung haben wir keine Löhnung bekommen, dieselbe wird Euch der Komp. Feldwebel schon noch schicken.
Nun will ich schließen und tröste Euch allen mit Worten:
„Waß Gott tut das ist wohl getan.“ Er ist in Gotteshand gestorben und hat sich nicht brauchen quälen.
Auf Wiedersehen!
Seit gegrüßt von Hermanns guten und treuen Freund
Jäger Paul Schulze
Vereinslazarett Datteln (Westfalen)
(Bitte bald antworten)
Datteln, den 4.10.1918
Werte Familie Krause!
Ihren lieben Brief vom 1.10.so eben erhalten. Das Euch die Nachricht von Euren lieben Sohn Hermann tief erschüttert hat, will ich gern glauben, denn Hermann hatte schon vorher mal gesagt, wenn ich mal nicht wieder kommen sollte, waß werden blos meine lieben Eltern und Schwestern machen. Hermann selbst war ein guter und friedlicher Kamerad. Ich bin mit Hermann fast zwei Jahre zusammen gewesen, wie zwei Brüder, und es ist kein Tag vergangen, das wird nicht von unser liebes Elternhaus und liebe Heimat unterhalten hätten, und es sorgte immer einer für den andern. Als Hermann dies traurige Los traf, hätte ich ihn gern geholfen, aber es war keine Rettung mehr, er war in derselben Sekunde gleich tot. Er hatte einen Granatsplitter im Kopf, und paar Splitter in die Brust. Hermann war gleich tot, er hat kein Wort mehr gesprochen, er hat einen sehr leichten Tod gehabt, und hat sich nicht ein bischen brauchen quälen. Außerdem war Hermann nicht in bischen zerrissen und hat sich vorher nichts lassen merken, das Ihn solch Schicksal treffen würde. Nur längere Zeit vorher, sagte Hermann mal „Er käme doch nicht wieder, und er wäre mit diesen Gedanken ins Feld gegangen.“ Und ich habe dadrauf zu Hermann gesagt, er solle sich doch nicht mit solchen Gedanken rum tragen. Hermann hat ein einzelnes Grab, neben ihn liegen noch zwei deutsche Helden. Das Grab ist etwas außerhalb von Epihy, an der Straße, unter einen Baum, auch hat Hermann ein Kreuz, darauf steht geschrieben: „Hier ruht ein tapfrer Held, der Jäger Hermann Krause, 4. Comp. Res. Jäger Battl. 10. Er starb den Heldentod für sein geleibtes Vaterland am 18. Sept.“
Werte Familie Krause!
Zwei Stunden später, nach dem wir Hermann beerdigt hatten, griff der Engländer wieder an, und wir mußten unsre Stellung wieder aufgeben, weil wir zu schwach waren. Am 21.9. als ich verwundet wurde, lag Epihy 3-4 km schon vor unsrer Stellung, und der Engländer hatte alles besetzt. Eine Photografie vom Grabe zu machen, war nicht möglich, da kein Photograf gleich da war, und er Engländer da alles besetzt hat. Wie die Zeitung jetzt schreibt, sind unsre da noch weiter zurückgegangen. Ich hätte das Grab gern lassen Photografieren, aber es ging mit besten Willen nicht, und es tut mir leid, das ich Euch diesen Wunsch nicht erfüllen konnte.
Ein anderer Kamerad namens Wilhelm Schulz stellt Hermann Krauses Tod etwas anders dar, allerdings war er kein Augenzeuge, sondern hat seine Informationen von anderen Kameraden bekommen:
10/10.18.
Liebe Familie Krause!
Ich habe gestern Euren Brief vom 27.9. erhalten. Ihr fragt nochmals an über Hermann[,] werde Euch auch genau schreiben[,] was ich von denen gehört habe[,] der bei ihnen wahr, ich wahr nicht selbst bei ihnen[,] denn ich wahr bei den Trupptieren[,] wie Euch doch Hermann auch geschrieben hatte. Ich habe es mir aber genau erzählen lassen von den Jäger Schneider[,] der wahr bei Hermann. Hermann wahr zuerst an der linken Hand verwundet und beim zurück gehen nach den Verbandsplatz traf ihnen ein Schrapnel tödlich am Kopf, wie der Schneider sagt[,] wahr Hermann vorher so unruhig gewesen[,] er hätte den Jäger Paul Schulze gesagt das, wenn was passiren tähte[,] dann sollte er doch sofort schreiben an Euch, und sollte Hermann seine Sachen an Euch auch schicken, aber dieser Jäger Paul Schulze ist nach dem wie Hermann gefallen ist[,] auch verwundet, aber er hat die Wertsachen abgenommen und sie Euch auch wohl noch zuschicken aus dem Lazarett, wo er im Lazarett liegt[,] das weiß ich auch nicht. Wer Hermann gekannt hat[,] der betrauert Ihnen.
Einecke ist verwundet[,] ligt im Lazarett, ich weiß auch nicht wo. Wer Hermann begraben hat [das weiß keiner[,]] denn es mußte alles so schnell zurück gehen. Er wird von den Engländern begraben sein, es wahr am 18.9. bei Epehi.
Hoffentlich seid Ihr noch alle gesund und munter. Das gleich ich auch von mit schreiben kann.
Mit frdl. Gruß aus Serbien
Jäger Wilh. Schulz
Welche der beiden Darstellung nun der Wahrheit entspricht, lässt sich heute nicht mehr entscheiden. Tatsache ist, dass sich die Gebeine von Hermann Krause heute auf der Kriegsgräberstätte in Cambrai in einem Kameradengrab befinden.
Im Isenhagener Kreisblatt veröffentlichte Familie Krause am 5. Oktober 1918 eine große Todesanzeige. Die Nummer seines Bataillons fehlte im Druck und wurde später handschriftlich ergänzt:
Auf der gleichen Seite veröffentlichten vier ungenannte Jugendfreundinnen ebenfalls eine Anzeige:
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