Ein Blog des Museums- und Heimatvereins Brome e.V.

Kategorie: Tülau-Fahrenhorst (Seite 1 von 4)

Zur Geschichte der Kiebitzmühle

Älteste Erwähnung der Kiebitzmühle

Die älteste bisher bekannte Erwähnung der Kiebitzmühle findet sich im Buch über die Kornrechnung des Achaz von Bartensleben aus den Jahren 1634 bis 1640. Es heißt dort, dass der Kiebitzmüller von Ostern 1638 bis Ostern 1639 20 Himten Roggen im Wert von 18 Groschen als Pacht gezahlt hatte. Leider wird der Name des Müllers nicht genannt. Da die Akte, die sich im Archiv derer von der Schulenburg in Nordsteimke befindet, bisher nicht vollständig gesichtet wurde, ist es gut möglich, dass in einem der anderen dort verzeichneten Jahre der Names eines Müllers erwähnt wird!

In den Protokollen der Ehestiftungen und Verträge des adeligenGerichts Wolfsburg (1643-1655) ist die Ehestiftung des Hanß Meltzians zu Ehra zu finden, die am 27. Oktober 1653 besiegelt wurde. Hanß Meltzian heiratete Anne Kovaln, die Tochter des Kiebitzmüller Hans Covalen. Die Mühle wird als Erbmühle bezeichnet, d.h. die Familie wurde innerhalb der Familie Covaln vererbt, aber die Eigentümer waren die von Bartensleben zu Wolfsburg, an die die Erbmüllerfamilie Pachtzinsen zahlen musste. Hans Covalen gab seiner einer Tochter als Mitgift ein volles Landesrecht, inklusive Ehrenkleidern, Bettgewand, Kisten und Kistengeräten, mit sowie darüber hinaus noch 20 Reichsthaler.

Nach Theo Bosse (Mühlen im Landkreis Gifhorn, 1991) war im Jahr 1662 Hanß Kovally der Müller auf der Kiebitzmühle. Im Jahr 1677 hieß der dortige Müller Heinrich Niebuhr. Sein Name wird auch einige Jahre später im Kontributionsregister der Landreiterei Salzwedel aus dem Jahr 1684/85 erwähnt. Die Kiebitzmühle gehörte damals zu Ehra und lag vom Dorf eine halbe Meile entfernt. Es wird aufgelistet, dass Heinrich Niebuhr damals kein Pferd, aber acht Rinder und 40 Schafe hatte. Mit dieser Erwähnung ist auch klar, dass die Kiebitzmühle auf brandenburgischem Territorium lag. Erst mit dem Vertrag von Wallstawe im Jahr 1692 wurde sie lüneburgisch.

Auf der Karte von Strauss (1688) ist zu erkennen, dass die damalige Landesgrenze direkt an der Kiebitzmühle vorbei lief (braune gestrichelte Linie). Am Kiebitzteich, dem Mühlenteich, verlief ein Weg von Voitze kommend zum Wiesenland. Der Damm am Mühlenteich musste vom Kiebitzmüller so ertüchtigt werden, dass der Weg nutzbar blieb.

In einer Auflistung sämtlicher Schulenburgscher Güter aus dem Jahr 1748 wird die Kiebitzmühle erwähnt. Damals musste der Kiebitzmüller, dessen Name leider nicht genannt wird, jährlich 34 Himten Vorsfeldisches Maß an Kornpacht zahlen. Im Vergleich dazu fielen für die Gödchenmühle nur etwas mehr als 22 Himten jährliche Pacht an.

Die Kiebitzmühle gehörte also denen von Bartensleben zu Wolfsburg und mit Aussterben der Familie von Bartensleben im Jahr 1742 ging die Mühle dann, wie auch alle anderen Güter und Besitztümer derer von Bartensleben, an die von der Schulenburg zu Wolfsburg über.

Die Besitzer der Kiebitzmühle von 1775 bis 1812

In einem Schreiben der Gemeinde Voitze über den Kauf die Kiebitzmühle vom 9. Januar 1823 heißt es:

Die Gemeinde Voitze ist wie Ew. Hochgräflichen Gnaden bekannt seyn wird, seit 1 1/2 Jahren Eingenthümerin der Kiebitzmühle[,] indem sie selbige von dem Müller Georg Baucke für die Summe von 5.500 Thlr. gekauft hat. Es sind der Gemeinde bey dieser Gelegenheit sämtliche Documente und Papiere[,] welche die Mühle betreffen, und unter andern auch die Verkaufsurkunde[,] welche die Gebrüder und Gevetter von Bartensleben auf Wolfsburg im Jahre 1775 dem ersten Käufer der Mühle Joachim Kovhall ausgestellt haben[,] ausgehändigt.


Angeblich sollen die von Bartensleben die Kiebitzmühle im Jahr 1775 verkauft haben. Doch dies kann gar nicht möglich gewesen sein, da die Familie von Bartensleben mit dem Tode des Gebhard Werner von Bartensleben am 6. Januar 1742 im Mannesstamm erloschen ist. Alleinerbin war die Tochter Anna Adelheid Catharina, die seit 1718 mit Adolph Friedrich von der Schulenburg (1685-1741) verheiratet war. Ihre Kinder begründeten den Wolfsburger Zweig der Adelsfamilie von der Schulenburg. Adolph Friedrich von der Schulenburg erhielt am 7. Dezember 1728 den erblichen Titel Reichsgraf durch Kaier Karl VI.

Die von Bartensleben können also die Kiebitzmühle 1775 gar nicht verkauft haben. Wenn wir davon ausgehen, dass die Jahreszahl des Verkaufs stimmt, dann war der Verkäufer Gebhard Werner von der Schulenburg (1722-1788), der Begründer des Wolfsburger Zweiges des Beetzendorfer Astes des Adelsgeschlechts derer von der Schulenburg.

Die Gründe für den Verkauf der Mühle sind unklar. Der erste Käufer der Kiebitzmühle war Joachim Kovhall. Er war jedoch längstens bis März 1778 Eigentümer der Mühle.

Im März 1778 wird als Kiebitzmüller Johann Heinrich Mundschwitz genannt. Wann und wie genau er Mühlenbesitzer wurde, ist unklar. Fest steht, dass er 1778 gegen die Gemeinden Voitze und Wiswedel wegen der Befestigung des Mühlenteichdammes klagte. Der Kläger verlangte, dass sich die Gemeinden Voitze und Wiswedel an der Befestigung des Dammes beteiligen sollten. Jedoch wurde die Klage zu seinen Ungunsten entschieden. Das Gericht Brome verpflichtete den Müller, den Damm in einen so tüchtigen Zustande zu versetzen, dass das Wasser aus dem Teich den Fuhrweg nicht beschädigen könne. Müller Mundschwitz hatte den Mühlenacker an einen gewissen Wiesensee verpachtet.

Die Kiebitzmühle auf der Kurhannoversche Landesaufnahme (1779). Nördlich der Mühle ist der heute nicht mehr existierende Mühlenteich zu sehen.

Der Kiebitzmüller Mundschwitz verstarb wohl im Jahr 1799. Seine Witwe verpachtete die Mühle vermutlich am 24. Mai 1799 an den Müller Matthias Uhlenhaus, danach an den Müller Habekost. Er verstarb wohl im Jahr 1803.

Die Witwe Mundschwitz verpachtete die Mühle dann an den aus Tiddische gebürtigen Müller Gebhard Müller von 1803 bis 1809. Die Übergabe der Mühle verzögerte sich allerdings aus nicht genannten Gründen, in denen Müller weiterhin Pächter blieb. Der Müller Gebhard Müller scheint in dieser Zeit auch seinen Schwiegervater Leopold, der ebenfalls Müller war, auf der Kiebitzmühle beschäftigt zu haben. Er wird in einigen Zeugenaussagen als Pächter bzw. Mitpächter der Kiewitzmühle bezeichnet.

Mit auf der Kiebitzmühle lebte Anne Elisabeth Rentelmann, die im Jahr 1826 66 oder 76 Jahre alt gewesen sei, „daß wiße sie nicht genau“. Sie war 1826 in Miesterhorst wohnhaft und lebte vom Nähen und Spinnen. Sie lebte von 1796 bis 1816 auf der Kiebitzmühle. Der Müller Mundschwitz war mit ihrer Schwester verheiratet, er war also ihr Schwager. In den ersten vier Jahren wohnte sie bis zu seinem Tode mit in der Mühle und im Anschluss daran bis 1816 mit ihrer Schwester auf dem Altenteil. Ihre Schwester verstarb an Johanni (24. Juni) 1816 .

Die Mühle wurde 1812 verkauft an den Müllermeister Johann Georg Baucke. Gebhard Müller verließ im April 1812 die Kiebitzmühle und arbeitete bis mindestens Ende 1820 in der Hoitlinger Mühle.

Die Mühle im Besitz der Gemeinde Voitze

Am 18. Mai 1821 kaufte die neun Eingesessenen (Hofbesitzer) zu Voitze gemeinschaftlich die Kiebitzmühle aus der Konkursmasse des Müllers Johann Georg Baucke zum Preis von 5.500 Reichsthalern.

Die Eingesessenen verpachteten zunächst die Mühle an Wilhelm Rentelmann. Dieser Vertrag wurde aus bisher unbekannten Gründen 1827 nicht verlängert. Neuer Pächter wurde der Vorsfelder Müller Gebhard Masche (Ostern 1827 bis Ostern 1833). Die Pachtbedingungen lauteten:

  • jährlich 5 1/2 Wispel reinen Roggen an die Verpächter;
  • 12 Gute Groschen Grundsteuer;
  • zwei Pfund Butter zu Ostern an den Bromer Pastor und
  • ein Viertel Schock (Schock = 60 Stück; also 15 Stück) Enteneier an das Gut Fahrenhorst.

Am 8. Februar 1834 verkauften die Eigentümer, nämlich die neun Voitzer Gemeindemitglieder, die Kiebitzmühle an Graf Gebhard Friedrich Werner von der Schulenburg-Wolfsburg für 3000 Reichsthaler in Gold und 500 Reichsthaler in konventioneller Münze.

Die Mühle im Besitz derer von der Schulenburg-Wolfsburg

Bis 1840 mussten die Besitzer der Kiebitzmühle (bzw. deren Pächter) jährlich ein Mandel Enteneier (Mandel = 15 Stück) an die von Weyhe in Fahrenhorst abgeben, nach der Behauptung des Berechtigen aber ein halbes Schock (Schock = 60 Eier) Hühnereier. Diese Abgabe wurde durch einen Ablösungsvertrag zwischen Graf Friedrich Werner von der Schulenburg und von Weyhe durch eine einmalige Zahlung von 4 Thalern 4 Groschen abgeschafft.

Die Familie Masche war bis kurz nach 1900 Pächter der Kiebitzmühle. Sie beendete den Pachtvertrag, zog nach Voitze und baute ein Haus am Ortsausgang nach Tülau.

Hier befand sich einst das Mühlrad der Kiebitzmühle. Zeichnung von Horst L. Weber (undatiert)
Kiebitzmühle um 1960. Der Mühlenteich nördlich des Mühlengebäudes existiert heute nicht mehr.

Die Kiebitzmühle befindet sich heute nicht mehr im Besitz des Grafen von der Schulenburg-Wolfsburg. Sie wurde im April 1995 verkauft. Sowohl das ehemalige Wohnhaus als auch das Mühlengebäude werden heute (2024) als Wohnhäuser genutzt. Die Gebäude stehen heute unter Denkmalschutz.

Links waren einst der Zulauf aus dem Mühlenteich und das Wasserrad. Das Mühlengebäude präsentiert sich heute hübsch saniert. (Foto 2020)

Die Entstehung des adeligen Gerichts Fahrenhorst

Die Entstehung des adeligen Gerichts Fahrenhorst ist eng mit der Geschichte der Burg Brome verbunden. Deshalb werde ich zunächst kurz die Geschichte der Burg Brome im 15. und 16. Jahrhundert erläutern.

Burg und Flecken Brome im 15. Jahrhundert

Die Geschichte der Burg und des Fleckens Brome ist für die Zeit des Mittelalters noch nicht besonders gut erforscht. Fest steht, dass die Burg Brome zum ersten Mal im Jahr 1203 erwähnt wurde. Es gab dann in den folgenden 200 Jahren mehrere Besitzerwechsel. Von 1438 bis 1489 waren Burg und Flecken im Pfandbesitz der Stadt Lüneburg. Diese verpfändete beides ab 1451 für 10 Jahre an Günther von Bartensleben. Der Vertrag wurde dann immer wieder verlängert, bis er schließlich von der Stadt Lüneburg 1489 gekündigt wurde. Am 10. August 1492 wurde Fritz V. von der Schulenburg durch Heinrich, Herzog von Braunschweig und Lüneburg, mit Burg und Flecken Brome belehnt. Fritz V. verpflichtete sich im Lehensvertrag dazu, die Burg auszubessern und auszubauen.

Fritz V. von der Schulenburg

Fritz V. von der Schulenburg wurde wohl 1466 geboren und verstarb wahrscheinlich 1505. Er war der 2. Sohn Bernhards VIII. aus dem mittleren Hauptzweig der weißen Linie derer von der Schulenburg. Er wohnte in Beetzendorf und war mit Armgard, Tochter des Ludolph von Alvensleben verheiratet. Fritz V. scheint kein guter Wirtschafter gewesen zu sein, denn bei seinem Tod waren alle Güter verpfändet. Seine Witwe litt große Not und bewirkte durch Kurfürst Joachim, dass sie die Güter ihres Mannes verwalten und nutzen durfte. So wurde sie ein wenig für die durch sie in die Ehe eingebrachten Besitztümer entschädigt.

Fritz VII. von der Schulenburg

Fritz VII. von der Schulenburg, dessen Geburtsjahr wir nicht kennen, war ein Sohn Fritz V. von der Schulenburg. Fritz VII. erbte Burg und Flecken Brome. Er war verheiratet mit Anna von Krammen. Die beiden hatten zehn Kinder. Die Söhne Levin und Curt ertranken 1548 im Graben der Burg Brome. Drei weitere Söhne werde später noch eine Rolle in Fahrenhorst spielen.

Fritz VII. von der Schulenburg war, ebenso wie sein Vater, kein guter Wirtschafter. Bereits von seinem Vater hatte wohl einen Haufen Schulden geerbt.

Um die Einnahmesituation zu verbessern, hat Fritz VII. von Schulenburg zwischen 1529 und 1548 das seit dem Mittelalter wüste Dorf Nettgau wieder besiedeln lassen. Eine erfolgreiche Wiederbesiedlung bescherte ihm dann Einnahmen von den dort ansässigen Siedlern.

Irgendwie muss auch die Steimker Mühle zwischen 1516 und 1530 in den Besitz Fritz VII. gelangt sein, denn er verkauft im Jahr 1530 für 32 lübische Mark eine Roggenpacht aus der Mühle an das Kloster Diesdorf. Im selben Jahr verkaufte er an das Kloster Diesdorf Hebungen aus dem Dorfe Holzhausen – das liegt nördlich von Diesdorf.

Aber diese Verkäufe konnten den wirtschaftlichen Niedergang nicht mehr aufhalten. Die beiden Dörfer Nettgau und Zicherie verkaufte er im Jahr 1548 an Georg von Wense und Dietrich Behr. Seinen Anteil an den Besitzungen in Beetzendorf, dem Stammsitz der Familie von der Schulenburg, verkaufte er an seinen Verwandten Levin I. von der Schulenburg. Damit war der mittlere Hauptzweig der weißen Linie aus Beetzendorf ganz ausgeschieden.

Schließlich musste er an Weihnachten 1548 die Burg Brome mit allen Besitzungen an Christoph von dem Knesebeck verkaufen. Ausgenommen von diesem Verkauf waren die Tülau, Fahrenhorst und Croya sowie die Landtzmans Mühle im Tülauer Holz. Diese Dörfer schieden damit aus dem Gericht Brome aus und es wurde das eigenständige adelige Gericht Fahrenhorst eingerichtet. Hier wurden sowohl die niedere als auch die höhere Gerichtsbarkeit ausgeübt. Es gab sogar einen Galgen östlich der Straße nach Croya, an dem Todesurteile vollstreckt wurden.

Hohe Schulden und Forderungen

Doch auf der Verkauf von Brome reichte nicht aus, um alle Schulden zu tilgen. Als Beispiel sei hier nur die offene Forderung von Johann von der Assenburg erwähnt. Johann wurde vom Hof zu Celle aufgefordert, auf seine Forderungen gegenüber Fritz VII. zu verzichten. Diesem stimmte Johann auch zu. Die Schulden beliefen sich auf im Jahr 1552 auf über 830 Gulden.

Doch es gab noch weitere Forderungen. So hatte sich Fritz VII. von der Schulenburg wohl im Jahr 1538 von dem Grafen Gebhard von Mansfeld 2600 Mark geliehen. Ein gewisser Johan Powisken ist dann in den Besitz dieser Forderung gelangt. Die Höhe der Forderungen belief sich inklusive Zinsen auf 3510 Mark. Davon waren nach 1548 noch 524 ½ Mark ausstehend.

Schließlich verklagte Werner Haenen auf Basedow 1572 die Witwe von Fritz VII. von der Schulenburg  und deren Söhne auf Abtretung des Gutes Fahrenhorst. Auch seine Forderung resultierte aus nicht beglichenen Schulden, die Fritz VII. bei Johann Bowischen in Holstein angehäuft hatte. Sie beliefen sich auf 811 Thaler. Werner Haenen verlangte die vorübergehende Besitzeinweisung in das Gut Fahrenhorst, was jedoch abgelehnt wurde.

Neue Probleme

Auch nach dem Verkauf von Brome konnte Fritz VII. keine Ruhe in Tülau genießen, denn es kam zu einem Streit über die Nutzung der wüsten Feldmark Schürnau, die zwischen Tülau und Zicherie liegt. Fritz VII. argumentierte, dass diese Feldmark aus dem Besitz der Burg Brome mit ausgeschieden sei und ihm gehöre. Christoph von dem Knesebeck dagegen beharrte aus seinen Besitzansprüchen als Besitzer der Burg Brome. Schließlich kam es erst nach dem Tod von Fritz VII., der wohl 1559 gestorben ist, im Jahr 1567 zu einem endgültigen Urteil, welches zu Gunsten derer von Knesebeck ausfiel.

Auch mit den Tülau Untertanen lebte Fritz VII. nicht im Frieden. Nachdem er die Tülauer Teiche hat anlegen lassen, beschwerten sich die Tülauer Bauern im Jahr 1556, dass sie für diesen Verlust an Wiesenflächen nicht wie vorgesehen entschädigt wurden – und sie bekamen vom Hof zu Celle auch Recht. Bei den Klagen der Tülauer Bauern ging es aber nicht nur um die verlorengegangenen Wiesen, sondern auch um die Mastung im Tülauer Holz. Der Bromer Pastor vermittelte zwischen den beiden Parteien und tatsächlich wurde auch ein Kompromiss über die Zuweisung von Ersatzflächen und über die Mastung im Tülauer Holz getroffen. Jedoch hielt sich Fritz VII. nicht an diese Vereinbarung und der Hof zu Celle forderte ihn in einem Schreiben im Jahr 1556 zur Einhaltung auf. Im Jahr 1558 wandte sich Fritz VII. dann mit der Bitte an die Räte zu Celle, das Gut und Dorf Tülau verkaufen zu dürfen, weil er auf Grund der zahlreichen Forderungen der Tülauer Bauern dort nicht leben könne. Diese Genehmigung zum Verkauf wird ihm jedoch verwehrt – auch mit dem Verweis, dass er verpflichtet sei, den Bauern das Ihre zu geben, da er ihnen die Wiesen weggenommen hatte. Über deren Verhalten könne er sich nicht beschweren, da sie arme Leute wären.

Die letzten derer von Schulenburg auf Fahrenhorst

Der Besitz von Fritz VII. von der Schulenburg hatte sich also bis zu seinem Lebensende auf die Dörfer Tülau-Fahrenhorst und Croya reduziert. Seine Söhne Heinrich VII., Christoph VIII. und Burchard von der Schulenburg lebten nach dem Tod des Vaters in Fahrenhorst. Heinrich VII. starb am 18. Dezember 1613 kinderlos. Er wurde in der Altendorfer Kirche beigesetzt. Sein Grabstein liegt rechts vor dem Altar. Sein jüngerer Bruder Christoph VIII. war nicht verheiratet und verstarb nur eine Woche nach seinem Bruder. Auch er wurde in Altendorf beigesetzt, nur leider ist der Grabstein nicht mehr vorhanden.

Burchard von der Schulenburg war der jüngste Sohn Fritz VII. von der Schulenburg. Er verstarb am 5. April 1521 und wurde ebenfalls in der Altendorfer Kirche beigesetzt. Sein Grabstein befindet sich heute links vor dem Altar.

Entzug des Lehens und Familie von Weyhe auf Fahrenhorst

Heinrich VII. von der Schulenburg war bis zu seinem Tode Besitzer von Fahrenhorst. Jedoch ging der Besitz dann nicht an seine beiden noch lebenden Brüder über. Vielmehr wurde der Familie von der Schulenburg das Lehen entzogen! Bereits im Jahr 1602 sagte Herzog Ernst von Braunschweig-Lüneburg dem Wilhelm von Weyhe die Belehnung mit Fahrenhorst nach dem Ableben von Heinrich VII. von der Schulenburg zu.

Mit dem Tode Heinrichs VII. am 18. Dezember 1613 war es dann so weit: Wilhelm von Weyhe konnte Fahrenhorst nun als Lehen übernehmen. Hiervon zeugt noch heute ein Gedenkstein auf dem Gut Fahrenhorst, auf dem die Inschrift „18. December 1613“ eingemeißelt ist. Bis heute, also über 400 Jahre später, befindet sich das Guthaus Fahrenhorst im Besitz der Familie von Weyhe.

Gedenkstein zur Übernahme des Gutes Fahrenhorst am 13. Dezember 1613 (Foto: Detlev E. Deipenau)

„Wölfe – auch schon damals“

Der letzte Wolf im Landkreis Gifhorn wurde im Jahre 1956 bei Boitzenhagen erlegt. Danach gab es Jahrzehnte lang in den heimischen Wäldern und Fluren keine Wölfe mehr, erst seit 2017 gilt ihre Rückkehr im hiesigen Raum als gesichert.

Die kontroverse Debatte darüber konnte man in verschiedenen Medien verfolgen, angefeuert von den jeweils unterschiedlichen Interessenlagen und Standpunkten.

Mich interessierte, welche Erfahrungen die Menschen unserer Region in früheren Zeiten mit dem Wolf gemacht hatten. Dazu bin ich bei dem Bromer Heimatforscher Karl Schmalz, der sich mit vielen Aufsätzen zur Heimatgeschichte verdient gemacht hat, fündig geworden.

In der Zusammenfassung seiner Aufsätze befinden sich die Berichte „Eine Wolfsjagd im Ehraer Holz“, „Wolfsplage vor 300 Jahren“, „Wolfsjagd zwischen Radenbeck und „Tesekendorf“ und „Wölfe – auch schon damals“.

Der Wolf hatte besonders damals, aber auch heute noch, für viele Menschen das Image des gefährlichen und blutrünstigen Raubtieres. Als Nahrungskonkurrent, der das kostbare Vieh der Bauern und der kleinen Leute riss, wurde er verfolgt und wenn möglich, zur Strecke gebracht. 

Auch wenn es in der Beschreibung über die Wolfsjagd in Ehra vor allem darum geht, wer damals das Jagdrecht in unseren heimischen Wäldern hatte, so erfährt man in der Vernehmung von Ehraer Bürgern durch den Knesebecker Amtmann im März 1702 doch etwas über die Methode dieser Jagd.

Dazu wurden Leinen mit Lappen versehen und zwischen Bäume gespannt, um die Tiere in eine bestimmte Richtung zu lenken. Konnte ein Wolf entwischen, war er „durch die Lappen gegangen“. Zwischen den Bäumen wurden zudem Netze aufgestellt, in die die Wölfe getrieben werden sollten. Jagdhelfer stiegen auf Bäume und hielten von dort oben Wache. Wurde ein Wolf gesichtet, sollte er in den nach und nach enger gestellten Netzen gefangen und erlegt werden.

So war auch der Plan damals in Ehra. Besonders erfolgreich war das in diesem Falle nicht, denn obwohl die Jäger acht Tage lang zum Schießen ausgezogen waren, bekamen sie keinen Wolf zu Gesicht und damit auch keinen vor die Flinte.

Eine andere Jagdmethode war die Jagd mit Wolfskuhlen. Dicht an der Grenze zur Bromer Gemarkung gibt es sowohl eine „Große Wolffs Kuhl“ als auch eine „Kleine Wolffskuhl“.  Die Bezeichnungen deuten darauf hin, dass die Jagd mit Fallgruben auch hier durchgeführt wurde.

In die getarnten Gruben (Kuhlen) wurde der Wolf getrieben und konnte aus eigener Kraft nicht mehr entkommen. Das gefangene Tier konnte entweder gleich getötet oder lebend entnommen werden und einer Jagdgesellschaft zugeführt werden.

Wolfsjagden waren ein Teil des adligen Lebens und erfreuten sich in diesen Kreisen großer Beliebtheit „… Eß werden die vf künfftigen vnserm Beylager zur Lust benöthigte Wölffe in Vnsern Landen nicht mehr zu erlangen stehen“, sorgte sich Herzog Christian Ludwig in einem Schreiben vom März 1653 an seinen Oberforst- und Jägermeister Georg von Wangenheim.

Die lebend gefangenen Wölfe wurden in extra hergerichteten Gehegen für dieses besondere „Jagdvergnügen“ solange gehalten, bis wieder eine herrschaftliche Wolfsjagd anstand.

Damit wurde deutlich, dass es längst nicht nur darum ging, das Vieh zu schützen, sondern „wieder einmal in Abenteuerlust die Aufregungen einer Wolfsjagd genießen zu können“, wie Karl Schmalz bilanzierte.

Bei den abkommandierten Jagdhelfern der adligen Jagd hielt sich die Begeisterung über den Einsatz dagegen in Grenzen.

Zur Wolfsjagd wurde stets ein starkes Aufgebot an Helfern benötigt. Weil die sich nur schwerlich freiwillig bereit fanden, griff der Adel zum verpflichtenden Mittel der „Landfolge“. Dazu gab es eigens aufgestellte Listen, in denen die zur Landfolge aufgestellten Männer aufgeführt wurden. Allein das Amt Knesebeck zählte im Jahre 1663 ganze 245 Mann, die unbefristet und ohne Entlohnung aufgerufen werden konnten.

Probleme hat es für die Bauern und Tierhalter durch den Wolf immer wieder gegeben. Die im März 1647 erfolgte Meldung durch einen Thomas Daume aus dem Amt Lüne berichtete sogar von einem Angriff auf eine Frau. Der Wolf soll ihr nach dem Aufstehen nach der Kehle gefasst haben und wurde von dem herangeeilten Gesinde erstochen.

In einem anderen Fall hatte der Pfarrer von Jeggau im Jahre 1659 ins Kirchenbuch eingetragen: „Ein Wolf hat… den Schulzen Hans Mumme beim Anfahren des Holzes für den Prediger, im Dorf angegriffen, so daß er elendiglich gestorben“.

Wie es zu den Zwischenfällen gekommen war, sowie die näheren Umstände der Attacken, wurde leider nicht festgehalten.

Bei zahlreichen früheren Berichten aus Geschichte und Literatur, in denen über Wolfsattacken auf Menschen durch bis zu 20 Tiere starke Rudel geschrieben wurde, handelt es sich ganz sicher um Übertreibungen.

Wölfe leben im Familienverbund, ähnlich dem Menschen. Im Alter von 11 bis 12 Monaten verlassen die Jungtiere ihr Rudel um sich ein neues Revier und einen Partner zu suchen, mit dem sie eine eigene Familie gründen können. Bei dieser Suche legen sie lange Strecken zurück. Thomas Pusch, der Sprecher des Landesfachausschusses Wolf beim Naturschutzbund in Nordrhein-Westfalen erklärte, „Ein Wolfsrudel besteht aus acht bis 10 Tieren, die auf einem Gebiet von 250 Quadratkilometern leben. Größer wird das Rudel nicht, denn „Es gibt eine Inzuchtsperre…“

In dem Aufsatz über die „Wolfsjagd zwischen Radenbeck und „Teskendorf“ wird davon berichtet, dass bei einer offenbar ungenehmigten Wolfsjagd ein zwölfjähriger Junge versehentlich angeschossen wurde, so dass er 5 Tage später verstarb. Ansonsten wird vermerkt „nichts gesehen, nichts gefangen und nichts geschossen“.

Aus dem vierten Bericht von Karl Schmalz über „Wölfe – auch schon damals“, erfahren wir, dass es in der hiesigen Gegend bis in die neuere Zeit immer wieder Wolfsjagden gegeben hat. So wurden ein „großer Ehraer Wolf“ im Dezember 1824 und ein Schönewörder Wolf 1871 bei Erpensen erlegt.

Schmalz vermutete, die Bezeichnung Wolf könnte früher allgemein als Synonym für wilde Tiere gebraucht worden sein, so dass nicht immer ganz eindeutig war, ob es sich bei dem „Übeltäter“ tatsächlich um einen Wolf handelte.

Aus unserer Natur ist der Wolf inzwischen nicht mehr wegzudenken. Weder sollten wir ihn romantisieren, noch unbegründete Ängste schüren. Ob Karl Schmalz das wohl auch so gesehen hätte? Wohl nicht, dazu war er, der 1966 gestorben ist, wohl doch zu sehr der Denkweise seiner Zeit verpflichtet, in der „der letzte Gifhorner Wolf“ als gefährliches Raubtier erlegt wurde.

Das Gutshaus derer von Weyhe in Fahrenhorst

In einem anderen Blogbeitrag haben wir bereits über die in der Altendorfer Kirchen vorhandenen Grabplatten der Familie von Weyhe berichtet. In der St. Pancratius-Kirche ist Johann Friedrich von Weyhe beerdigt (gest. 1753). Er hat das Gutshaus in Fahrenhorst im Jahr 1737 neu erbauen lassen. Wie das vorherige Gutshaus aussah, darüber haben wir leider bisher keine Nachrichten. Das Gutshaus aus dem Jahr 1737 kann auch heute noch bewundert werden. In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das Gutshaus durch Carl Ernst Wilhelm von Weyhe an der Südwestseite noch erweitert.

Der Haupteingang des Gutshauses von Norden (Foto: Jens Winter, August 2020)
Das Gutshaus von Südosten aus gesehen. Deutlich zu erkennen ist der Anbau aus den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts im Südwesten des Gutshauses von 1737.
Über der Tür an der Nordseite ist eine (Sandstein?-)Tafel mit dem Wappen derer von Weyhe gesäumt von zwei Engeln und folgender Inschrift angebracht: „Anno J: W: V: W: 1737.“ Diese Inschrift bedeutet: „Im Jahre Johann Wilhelm vom Weyhe 1737“. Das Gutshaus wurde also 1737 neu errichtet. Johann Wilhelm von Weyhe ist 1753 verstorben. Seine Grabplatte befindet sich heute noch in der Altendorfer St. Pancratius-Kirche. (Foto: Jens Winter, August 2020)

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