Die 3. Auflage des Brome-Bilder-Lexikons ist nun erschienen und kann für 30 € im Museum Burg Brome erworben werden! Fritz Boldhaus hat unter 610 Stichpunkten ein Lexikon für unsere Heimat erstellt. Das Lexikon ist mit über 700 Abbildungen reich bebildert.
Kategorie: Wiswedel (Seite 2 von 2)
Etwa 1,2 km südwestlich des Dorfplatzes von Wiswedel befindet sich neben einem Waldweg der sogenannte „Backofenberg“ (GoogleMaps 52.605964, 10.861205). Der Hügel hat einen Durchmesser von ca. 19 m und eine Höhe von 2,5 m. Der Name deutet auf einen historischen Grabhügel hin. Bei Schneflingen befindet sich nach Werner Blanke ebenfalls ein Backofenberg. Auch im Heidau im nicht weit entfernten Mellin gibt es auf der Tangelner Gemarkung den Flurnamen Backofenkamp und tatsächlichen finden sich dort Überreste eines Großsteingrabes (Tangeln 8).
Nach Werner Blanke gibt es auch eine Sage, die den Backofenberg in Wiswedel deutet. Die Sage berichtet, dass der Hunnenkönig in einer goldenen Wiege darin begraben ist. Offizielle archäologische Grabungen gab es bisher nicht. Zu erkennen sind allerdings drei Störungen, davon eine der „Kopfstich“ und zwei an der nördlichen Seite bis zum Hügelfuß. An der Südseite wurde anscheinend Sand entnommen. Der Wittingen Apotheker Dr. Langhans soll, so Werner Blanke, um 1900 den Hügel von oben durchwühlt, aber dabei nichts gefunden haben. Hiervon zeigt der „Kopfstich“.
Das Jahr 1428 sorgte für die politischeTeilung des Bromer Landes! Zur dritten Teilung der welfischen Fürstentümer Braunschweig und Lüneburg kam es 1428 auf Wunsch des Herzogs Wilhelm, der 1416 gemeinsam mit seinem Bruder Heinrich seinem Vater im Fürstentum Lüneburg nachgefolgt war. Ihr Onkel Bernhard erhielt bei dieser dritten Teilung das Fürstentum Lüneburg, Wilhelm und Heinrich bekamen gemeinsam das Fürstentum Braunschweig. Diese Teilung hatte auch Auswirkungen auf das Gebiet der heutigen Samtgemeinde Brome. Die Dörfer Wiswedel, halb Voitze, Ehra und Lessien gehörten damals zur Mark Brandenburg. Sie waren Exklaven im Lüneburgischen und wurden erst mit dem Vertrag von Wallstawe im Jahr 1692 lüneburgisch. Während die Dörfer Brome, Benitz, Altendorf, Zicherie, Croya, halb Voitze und Tülau-Fahrenhorst durch die Teilung 1428 lüneburgisch blieben, gehörten Ahnebeck, Parsau, Rühen, Brechtorf, Tiddische, Hoitlingen, Eischott und Bergfeld zum Fürstentum Braunschweig. Zwischen Croya und Ahnebeck verlief also seit 1428 eine Landesgrenze! Noch heute zeugt der Landgraben zwischen den beiden Orten von dieser politischen Teilung.
In der Kurve der heutigen B244 von Croya Richtung Zicherie befindet sich das sogenannte Katloch. Der immer noch vorhandene Graben aus dem Lütjen Moor mündete einst in einen westlich der Straße gelegenen Teich, der auf der Karten von Strauß aus dem Jahr 1688 den Namen „Katlocher Deich“ trägt. Nordöstlich dieses Teiches hat sich ein das Dorf Boldam befunden. Hier standen einst drei Häuser: der Krug, in dem der Zöllner wohnte, sowie zwei Kothöfe. Ob dieses Dorf extra als Zollstelle an dieser Stelle angelegt wurde, lässt sich nicht belegen. Die ersten urkundliche Erwähnung findet sich in den Bromer Gerichtsprotokollen. Hier werden im Jahr 1572 die zum Bromer Gericht gehörenden Orte aufgezeichnet: Brome, Zicherie, Schürnau, Altendorf, Benitz, Nettgau, Tülau, Petzenau, Clepow, halb Massien, Sierau sowie vor dem Boldam die beiden Kothöfe. Der Krug wird hier aus unbekannten Gründen nicht erwähnt.
Im Jahr 1585 wird in den Bromer Gerichtsprotokollen ein gewisser Arendt von der Hude, Zöllner im Boldam erwähnt. Er war auch zwei Jahre später dort noch Zöllner, denn er musste wegen eines gegen ihn angestrengten Gerichtsprozesses vor dem Gericht auf der Burg Brome erscheinen. Der Gardelegener Bürger Ringener Oltze klagte gegen ihn wegen der immer noch nicht zurückgezahlten Schulden in Höhe von 87 Thaler 12 Schilling.
Einige Jahre später, nämlich 1592, taucht ein anderer Zöllner in den Gerichtsakten auf, nämlich Jacop Kampelenn, Zöllner im Boldam. Er war Zeuge beim Kaufvertrag eines Hofes im Boldam. Hans Tilsen kaufte die Kote von Andreas Probst im Boldam für 63 Thaler Kaufgeld. Das besondere daran ist, dass Tilsen den Hof seines Nachbarn Probst kaufte! Es bestanden demnach in Boldam neben dem Krug noch zwei Kothöfe.
Im gleichen Jahr pfändete der Zöllner im Boldam sechs Pferde von nicht genannten Ohrdorfern wegen geübten Unwillens.
Im Jahr 1596 erfahren wir, dass im Boldam noch der Zöllner sowie Hanß Lembke lebten. Wie Hanß Lembke an den Kothof bzw. die beiden Kothöfe gekommen ist, ist nicht bekannt. Im Jahr 1602 werden als Bewohner des Boldam der Zöllner Klippen Hanß und Hanß Bartels genannt.
Im Jahr 1604 pfändete der Krüger und Zöllner Hans Barleben in Boldam dem Schneider zu Böckwitz ein Pferd ab, weil dieser einen Eichbaum stehlen wollte.
In Boldam ist es auch einmal zu einer Schießerei gekommen, die leider nicht genau datiert werden kann. Fest steht, dass Hans von Barleben aus unbekannten Gründen auf Bartoldt Peters aus Zicherie geschossen hat. Peters wurde verletzt und der Arztlohn zu seiner Genesung betrug insgesamt 23 Thaler, die vom verurteilten Täter Hans von Barleben getragen werden mussten. Diese Summe hatte Peters dann, wohl in Form einer Ratenzahlung, am 8. Januar 1605 zur Genüge erhalten, wie es in den Gerichtsakten heißt.
Der Dreißigjährige Krieg erreichte auch das Gebiet der Samtgemeinde Brome und die Folgen waren, gerade für das Dorf Boldam, verheerend. Im Jahr 1628 wurden die drei Höfe im Boldam durch Tillys Truppen verwüstet. Noch 1661 schreibt der Knesebecker Amtmann Wilhelm Schultze, dass der Krug und die beiden Kothöfe wüst sind. Der Wegezoll wurde dann auch nicht mehr in Boldam genommen, sondern in Croya. Das Dorf Boldam wurde also 1628 vollkommen zerstört und wurde dann nicht wieder aufgebaut!
Nach den Bromer Gerichsakten stand im Jahr 1692 eine Zollstange, worauf man denen von Bartensleben Zoll geben muss, am Katlocher Kamp. Der Zoll selbst wurde aber dann in Croya kassiert. Auch im 18. Jahrhundert wurde der Zoll weiterhin in Croya kassiert, wie wir aus den Wolfsburger Gerichtsprotokollen. Zum Croyaner Zöllner folgt sicherlich in Zukunft noch ein Blogbeitrag!
Als meine Familie 1950 nach Altendorf zog, kam ich in ein Dorf, das durch bäuerliche Selbstversorgung geprägt war. Mehr als 30 Familien lebten ausschließlich von der Landwirtschaft. Die Viehwirtschaft umfasste alles, was man in Bilderbüchern für Kinder heute romantisierend als „heile Welt-Bauernhof“ oft noch findet. Kühe, Pferde, Schweine, Schafe und allerlei Federvieh waren auf jedem Hof zu sehen. Vor Pflüge und Wagen spannte man Pferde. Es gab nur vereinzelt Trecker. Die Kühe wurden morgens durch das Dorf zur Weide getrieben und abends zum Melken wieder in den Stall geholt. Vor den Höfen standen „Milchbänke“, auf denen Milchkannen auf den Abtransport zur Molkerei nach Brome warteten. Im Rundling war nur die Hauptstraße gepflastert. Die heutige Bundestraße hatte um 1950 noch Kopfsteinpflaster. Daneben verlief ein sogenannter Sommerweg, ein unbefestigter Straßenteil, den das Vieh gerne zum Laufen annahm. In die einklassige Volksschule gingen die Kinder zu Fuß, Schüler aus Benitz nahmen, falls vorhanden, ein Fahrrad und benutzten einen unbefestigten Rad- und Fußweg neben der heutigen Bundesstraße.
Die Bauerngärten dienten überwiegend der Selbstversorgung mit Gemüse und hatten nur einen kleinen Blumenanteil. Rasenmäher für Vorgärten gab es noch nicht.
Der Wiesenanteil in der Gemarkung war sehr groß, da man das Gras als Viehweide im Sommer benötigte, die restlichen Wiesen aber für Heu und Grummet (Grummet ist der zweite Grasschnitt) als Wintervorrat. Mineralischer Dünger wurde kaum eingesetzt. Der Mist aus der Viehhaltung diente dem Düngen des Ackers.
Daher waren die Wiesen mager und zeigten eine große Artenvielfalt an Blühpflanzen und Gräsern. Im Frühjahr waren die Wiesen übersät mit einem weißen Schleier von Wiesenschaumkraut. An nassen Stellen prahlten Sumpfdotterblumen mit ihrem satten Gelb. Dunkelgrün waren torfige Flächen durch die dort wachsenden Binsen. Im Mai überzog ein tiefes Rot die Stellen, wo noch einheimische Orchideen, wie das gefleckte Knabenkaut, wuchsen. Auch die wunderschönen Blüten des Fieberklees konnte man bis in die sechziger Jahre noch in der Nähe der Ohre finden.
Die war noch nicht begradigt und schlängelte sich in vielen Windungen in Richtung Brome. In den Höhlungen der Ufer fingen wir als Kinder mit der Hand noch Edelkrebse. In den Gräben hatten zahlreiche Kleinfische, wie die Stichlinge ihre Kinderstube. Auch Bodenbrüter in den Feuchtwiesen waren häufig. Das durchdringende „Kiwitt“ des Kiebitzes war weithin zu hören.
Im Frühjahr konnte man die akrobatischen Balzflüge dieser Vögel beobachten. Wehe dem Fuchs, der dem Gelege zu nahe kam. Pfeilschnell stürzte sich ein Kiebitz im Sturzflug auf den möglichen Eierdieb und vertrieb ihn mit ständigen Scheinangriffen aus dem Revier. Allabendlich waren Bekassinen zu sehen. Bei ihren typischen Hochzeitsflügen ließen sich die Vögel aus großen Höhen senkrecht herabfallen und spreizten dabei die äußeren Steuerfedern ab, die dann ein „wummerndes“ Geräusch erzeugten. Daher nannte man diese Schnepfen im Volksmund Himmelsziegen. Selbst das melancholische Flöten des Großen Brachvogels war noch zu hören. Auch der Weißstorch zog auf einem Nest im Dorf seine Jungen auf. Nahrung gab es in den Feuchtwiesen reichlich. So konnte man in der Heuzeit manchmal den sogenannten „Krötenregen“ beobachten. Um diese Zeit verließen die kleinen Kröten massenweise ihre Gewässer und suchten, nachdem sie nun zu Lungenatmern geworden waren, ihre Nahrung in den Wiesen.
In den sechziger Jahren begann sich das Dorf zu verändern. Das Pferd als Zugtier machte Traktoren Platz, immer mehr Maschinen ersetzten oder erleichterten die schwere körperliche Handarbeit in der Landwirtschaft. Das „Höfesterben“ begann. Viele kleinere Bauern gaben ihre Höfe auf, weil sie in der wachsenden Industrie bessere Verdienstmöglichkeiten fanden. Andere übernahmen die Flächen, die zu größeren Einheiten zusammengefasst wurden. Heute teilen sich drei Landwirte die Gemarkung. Immer weniger Vieh wurde gehalten, deshalb brach man Wiesen um, legte Drainagen und verwandelte sie in Ackerland. Der Verbrauch an Mineraldünger, Herbiziden und Pestiziden nahm zu. Die Verarmung der Landschaft begann schleichend.
Wo wenig Insekten sind, können auch nur wenige Insektenfresser leben. Wo Mineraldünger eingesetzt wird, gibt es keine Orchideen mehr, die auf stickstoffarme Böden angewiesen sind. Werden Wiesen entwässert, fehlt Schnepfen und Kiebitzen der weiche Boden, in dem sie ihre Nahrung finden. Wird das Gras auf noch vorhandenen Wiesen schon April/Mai für Silage gemäht, hat kein Bodenbrüter die Chance, seine Jungen aufzuziehen.
Auch der Storch verließ 1996 unser Dorf, weil er nicht mehr ausreichend Nahrung fand.
Leider besteht auf die Rückkehr der bei uns verschwundenen Arten keine Hoffnung, da vermutlich die Landwirtschaft nicht zu alten Strukturen zurückkehren kann. Allerdings gibt es auch Lichtblicke. Durch den Status des Naturschutzgebietes in unmittelbarer Nähe des Dorfes sind ein Rest an Wiesen und die sich windenden Ohre dem Einfluss des Menschen entzogen. Biber stauen durch Dämme, Flachgewässer entstanden und bilden ideale Kinderstuben für Jungfische. Dadurch kann man wieder vermehrt Tiere beobachten, die davon leben wie Eisvogel, Reiher und Otter. Der angehobene Wasserstand ermöglicht auch dem Kranich inzwischen Jahr für Jahr hier heimlich seine Jungen aufzuziehen.
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