Die Westgrenze der Altmark zum Fürstentum Lüneburg hin war vermutlich bereits seit dem Mittelalter an einigen Stellen durch sogenannte Landwehren befestigt. Landwehren waren Graben-Wall-Anlagen, welche Lücken zwischen natürlichen der künstlich verstärkten Geländehindernissen schlossen. An der Westgrenze der Altmark waren natürlich Geländehindernisse z.B. die Stöckener Teiche sowie der Oberlauf der Ohre ab Haselhorst. Auch das Feuchtgebiet zwischen Zicherie und Böckwitz war ein natürliches Geländehindernis, welches allerdings durch einen Graben verstärkt wurde. Durch die Landwehren sollte ein ungehindertes Übertreten der Grenze verhindert werden. Hauptsächlich ging es darum, dass die geforderten Zolleinnahmen korrekt abgerechnet werden sollte. Schmuggel sollte also durch Landwehren verhindert werden.
An der Westgrenze der Altmark existierten nachweislich drei Landwehranlagen:
- Lübener Landwehr zwischen Langenbrügge und Lüben nördlich der Stöckener Teiche,
- Landwehr bei Rade zwischen Waddekath und Haselhorst sowie
- Nördlich von Zicherie im Bereich des Buchenberges (ehemalige Ziegelei Groth)
Die Lübener Landwehr bestand aus einem Einfachwall mit Graben an jeder Seite. Die Breite der Anlage betrug ca. 12 Meter. Die Landwehr bei Rade war ein vierfacher Landgraben und drei Wällen zwischen den Gräben. Die Breite betrug ca. 30 Meter.
Nach Bruno Ploetz wurde der südliche Abschnitt der Lüneburgischen Grenzlandwehr in der Hauptsache von der Ohre gebildet, also von Haselhorst bis zum Drömling. Hier gab es seiner Meinung nach nur drei Übergänge, von denen der südlichste zwischen Zicherie und Brome auf beiden Seiten durch einen Wall gesichert war – die Landwehr bei Zicherie. Der zweite wichtige Übergang im Bromer Bogen war durch die Bromer Burg geschützt. Ein dritter Übergang zwischen Zasenbeck und Hanum hatte wieder einen Wall. Das sind zumindest die Ergebnisse von Bruno Ploetz in seinem Aufsatz „Die Lüneburgische Grenzlandwehr“ aus dem Jahr 1966 zur Grenzlandwehr im Raum Brome.
Zu Überresten der Grenzlandwehr nördlich von Zicherie stellt er fest: [Es existiert] „ein kurzes Wallstück bei Zicherie, das wohl der spärliche Rest der Übergangssicherung ist.“ Diesem Hinweis aus dem Jahr 1966 soll nun nachgegangen werden.
Zunächst werden wir darlegen, welche historischen Belege es aus den uns vorliegenden Quellen für die Zicherier Landwehr gibt. Am Schluss werden wir dann anhand des Geländes noch immer existierenden Spuren der Landwehr aufspüren.
Grenzrezess aus dem Jahr 1543
Im Gutsarchiv von Weyhe zu Fahrenhorst ist ein Grenzrezess aus dem Jahr 1543 überliefert, der uns einige Informationen über den Grenzverlauf zwischen Brome und Zicherie-Böckwitz zur damaligen Zeit liefert. Damals gab es Streitigkeiten über den genauen Grenzverlauf zwischen denen von Bartensleben zur Wolfsburg, denen Böckwitz zu Lehen gegeben war, und Fritz VII. von der Schulenburg zu Brome. In dem Rezess vom 24. Februar 1543 wurde vereinbart, dass ein neuer Grenzgraben von der Ohre bis an den Steimker Kirchenweg gezogen wird. Auch sollte ein bereits existierenden Alter Graben so ausgeräumt und ausgebessert werden, dass eine Überfahrt nicht mehr möglich ist. An dem Weg von Steimke Richtung Braunschweig, unmittelbar neben dem Steimker Kirchenweg, sollte ein Schlagbaum errichtet werden, von dem ein Schlüssel in Brome und der andere in Steimke verwahrt werden sollte. Dies sollte den Einheimischen ihre Mühlenfuhren ermöglich. Ansonsten sollte dort aber kein Verkehr durchgehen, damit nicht Zollzahlungen verloren gehen.
Vom Ende des Alten Grabens sollte ein neuer Graben Richtung Zicherie gezogen werden, der bis an die „Tiefe Riede“ gehen sollte. Vermutlich ist damit der in der Karte von Strauß aus dem Jahr 1688 (siehe unten) bezeichnete Graben „Fuhle Riet“ gemeint. Von dort dann weiter bis an die Wiesen der Dörfer Böckwitz und Zicherie.
Es ist unklar, wo genau der Alte Graben begann. Fest steht allerdings, dass dieser Graben bereits vor als Grenzbefestigung existierte.
An anderer Stelle in dem Rezess ist auch die Rede von einem Wall – also möglicherweise der Landwehr! Es heißt in dem Text:
Und soll obgeschriebener Graben von der Ohre herab biß an den Wall zwischen Wischen und den Wall biß an den Knick, und den vordan der Knick biß zu dem Ende derselbigen, soferne der Graben gemacht, dies Orths die Landschnede seyn zwischen Marck zu Brandenburg und dem Lande Lüneburg.
Der neu anzulegende Graben sollte also bis an den Wall gehen, mit dem vermutlich die Landwehr gemeint ist. Am Ende der Landwehr sollte dann wieder ein Graben beginnen, der weiter in Richtung Zicherie-Böckwitz verläuft. Diese Grenzlinie wurde gleichzeitig auch als Landesgrenze angesehen! Klar ist auch, dass es am Wall auf jeder Seite einen Graben gab. Denn es heißt in dem Rezess:
Aber die Graben neben dem Wall durch die Wießen und Garten, auch die Graben neben dem Knicke, soll ein jeder Theil auf seine Seite machen.
Der Wall bildete also die Landesgrenze und jeder sollte den an den Wall angrenzenden Graben auf seiner Seite pflegen.
Karte von Strauß (1688)
Die Karte von Strauß aus dem Jahr 1688 ist eine sehr interessante und äußerst aussagekräftige historische Quelle für die Grenzmarkierungen im Raum Brome. Nicht nur die Eintragungen von Orten sind interessant, vielmehr hat Strauß auf der Karte 156 Zahlen eingezeichnet und mit dazugehörigen Eintragungen versehen. An dem für uns relevanten Kartenausschnitt finden wir die Zahlen 54 bis 64, die hier kurz wiedergegeben werden:
54. Grentz Knick od. Knick vor den Kleip Wischen
55. Der Kleip, ein Ellern Holtz
56. Steinstieg, welchen die Oldendorffer und Steimker Kirchenleute brauchen
57. Landgraben welcher vom Steinstieg nach dem Mühlenfarth geht.
58. Der Mühlenfahrt, alwo olim ein Schlagbaum gestanden
59. abermahl der Landgraben
60. Die Fuhle Rith
61. worin ein doppelter Landgraben ohngefehr 5 Ruten lang aufgeworffen
62. biß an Peter Knoen Knick
63. Cordt Döhmelands Knick
64. Carsten Schultzen Knick
Wir erfahren also die genauen Grenzmarkierungen vom Steinstieg an bis nach Zicherie-Böckwitz. Der Steinstieg wurde von den Steimkern benutzt, um zum Gottesdienst nach Altendorf, später Brome zu kommen, bevor sie eine eigene Kirche in Steimke hatten. Die heutige Straße von Brome nach Steimke existierte damals noch nicht. Vom Steinstieg Richtung Zicherie existierte demnach zunächst ein Landgraben, der von der Mühlenfahrt unterbrochen wurde. Einstmals hatte dort ein Schlagbaum gestanden, der 1688 aber nicht mehr existierte. Von dort weiter Richtung Zicherie folgte wieder der Landgraben, dann die Fuhle Riet (hochdeutsch: fauler Graben), worin sich ein doppelter Landgraben befunden hat. Von dort ging es weiter bis an Peter Knoken Knick. Knick bedeutet im Plattdeutschen Wörterbuch von Johann Friedrich Danneil „eigentlich eine Ecke, gebildet durch Gebüsch, das in einer längern Linie sich schmal ausdehnt“.
Karte von Spaldeholtz und Michaelsen (1754)
Auf der Grenzkarte von Spaldeholtz und Michaelsen aus dem Jahr 1754 ist an dieser Stelle eine Landwehr eingezeichnet. In Richtung Zicherie endete die Landwehr dann im alten Landgraben.
Die Landwehr heute
Tatsächlich sind auch heute (2020) noch Spuren der alten Landwehr im Gelände zu finden. So ist an einer kurzen Stelle die alte Wallanlage noch gut zu erkennen. Auch der Graben zumindest auf einer Seite des Walls ist noch eindeutig vorhanden.
Der an die Landwehr südlich anschließende Graben ist ebenfalls noch vorhanden und im Gelände lokalisierbar.
Wenn wird nun GoogleMaps betrachten, fällt auf, dass nördlich von Zicherie am Buchenberg (ehem. Ziegelei Groth) ein „Grenzgraben nördlich Zicherie“ zu finden ist.
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