Der Bromer Lehrer und Kantor Heinrich Georg Lindwedel hat ein am 8. November 1898 begonnenes Tagebuch hinterlassen, das sich im Original im Archiv des Bromer Museums befindet. Lindwedel wurde 1846 geboren und starb 1906.

Aus seinen Aufzeichnungen kann man in groben Zügen das heimische Wettergeschehen zwischen 1889 und 1904 nachlesen. Darüber hinaus berichtete Lindwedel ausführlich über  einen Besuch der regional bedeutenden Distrikts- und Lokaltierschau in Gifhorn, die er als Mitglied eines nicht näher benannten Vereins besuchte.

Ausflug des Lehrervereins Brome mit Frauen (um 1900). Georg Lindwedel steht als 3. von rechts in der ersten Reihe vorn.

Seine Wetteraufzeichnungen erzählen u.a. von Kapriolen wie späten Nachtfrösten und einer Windhose Ende April 1890: „…war eine Windhose, die sich von Parsau nach Croya und von hier nach Böckwitz zog, wo eine Scheune des Hl (Hauptlehrers?) Ellenberg umgerissen wurde.“

Die Landwirtschaft litt in manchen Jahren besonders unter Gewitter und Hagelschlag. Starker Regen ließ die Futtervorräte schlecht trocknen, so dass sie unbrauchbar wurden. Bei einem Hagelunwetter 1891 verzeichnete Lindwedel: „…von Braunschweig bis Hameln; viele Gewitter, ein Blitzstrahl zündete in Zasenbeck (am 4.8.) und äscherte ein Wohnhaus ein, desgl. am 5. August das Wohnhaus des Ackermannes Schröder in Voitze, dem Kälber und sämtliches Inventar verbrannte.“

Angebaut wurden damals in der Bromer Gegend u.a. Roggen, Erbsen, Buchweizen und Kartoffeln. Die Kartoffeln wurden durch den vielen Regen oft krank und nahmen Schaden: „…binnen 8 Tagen sind mit Eierkartoffeln bestellte Fluren schwarz geworden, während die übrigen Sorten mehr Widerstandsfähigkeit zeigen.“

1892 konnte wegen der Maul- und Klauenseuche die sonst regelmäßig stattfindende Tierschau in Brome nicht ausgerichtet werden.

Besonders schlimm war das Frühjahr 1892 für die Landwirtschaft. Es war lange sehr kalt, so dass die Einsaaten litten und die Menschen erst Ende Mai ihre Stuben nicht mehr heizen mussten. Im Juni war der Buchweizen erfroren, aber damit nicht genug. Lindwedel hielt fest: „Ein furchtbarer Sturm am Johannistag (24. Juni), viele Bäume entwurzelt, abgebrochen, das Obst von den Bäumen geschlagen“. Nur Tage später wurde beim Heuladen ein Mädchen im Drömling vom Blitz erschlagen, der Fuhrmann war besinnungslos, ein weiteres Mädchen verletzt. Die Pferde konnten gerade noch gerettet werden, der Wagen mit dem Heu verbrannte.

Dann war es wieder zu trocken, und der 17. August wurde zu dem heißesten Tag des Jahrhunderts mit 39,8° Celsius. Von einem anderen Wetterextrem im nächsten Jahr berichtete er: „Die Kälte war im Monat Januar so stark, daß ältere Leute sich eines solch starken und anhaltenden Frostes nicht erinnern konnten.“

Im Februar 1894 beschädigte ein orkanartiger Sturm Gebäude und deckte das Dach der Molkerei in Rühen mitsamt Sparren und Ziegeln gänzlich ab. Die umliegenden Wälder wurden ebenfalls stark in Mitleidenschaft gezogen. Im Frühjahr hatte die Mäusepopulation so sehr zugenommen, dass der Roggen abgefressen wurde. Dann überschwemmten wieder heftige Regenfälle, schlimmer als üblich, große Bereiche von Brome und bald danach war es wieder zu warm und trocken, so dass der Hafer auf höhergelegenen Flächen gänzlich zu vertrocknen drohte.

Die Landwirtschaft war trotz der zunehmenden Mechanisierung überwiegend Handarbeit, ein hartes Geschäft und daher noch mehr vom Wetter abhängig als heute.

Kritisch bewertete Lindwedel die Lokaltierschau in Gifhorn. Leicht verstimmt, weil die Delegation, der er angehörte, nicht wie zugesagt vom Bahnhof abgeholt wurde, notierte er das Geschehen auf der sog. Masch am Schützenplatz.

Sein Wohlgefallen fanden die „…gezierte und geschmückte Ehrenpforte“, sowie die großen, dichtstehenden Kastanienbäume, unter denen die zur Schau gestellten Pferde, darunter Hengste, Stuten und Ackerpferde zu besichtigen waren. Hinter den Pferden grasten Schafe und in einem anderen Bereich gab es Ackergeräte zu sehen wie verschiedenscharige Pflüge, einen Erntewagen aus Wernigerode, eine Düngerstreumaschine, einen selbsttätigen Düngereinlagerer, eine Sämaschine, 6 verschiedene Häckselschneidemaschinen, 3 Staubmühlen (Windfegen) und 2 unterschiedliche Kartoffelsackmaschinen.

Diese Maschinen waren für die damalige Zeit mit das Neueste, was die Agrartechnik liefern konnte und verhalfen der Landwirtschaft zu einem vorher nicht möglichen Aufschwung.

Ebenso auf der Ausstellung vertreten waren Kühe verschiedener Rassen, die schon eine Milchleistung von bis zu ca. 3700 Litern im Jahr erbrachten. Immer noch wenig im Vergleich zu den heutigen Hochleistungskühen, die nur auf Milchleistung gezüchtet werden und einen Ertrag von bis zu 10 000 l haben. Neben den Kühen gab es Bullen und allerlei Kleingetier zu sehen und trotz des breiten Angebotes fiel Lindwedels Resümee nach der Besichtigung so aus. Ich zitiere:

„Bier schlecht, Wetter schön… Sinniger Spruch:

Wer Gott vertraut und tüchtig schafft, kommt vorwärts in der Landwirtschaft, die Hand geregt, frisch angefaßt, erleichtert jede Müh‘ und Last.

Urteil: Mehr versprochen, Kastengeist vorherrschend, daher Beteiligung gering.“

Mit einem Bericht über eine wahrscheinlich feucht-fröhliche, im Ganzen „vollbefriedigende“und für den heutigen Leser heiter anmutende Flurbesichtigung seines Vereins, beendete Georg Lindwedel seine Aufzeichnungen. Die teilnehmenden Herren wurden bei dieser Bereisung in 16 Pferdewagen, von 4 Musikern mit fröhlichen Weisen begleitet, durch die Flure von Voitze, Wiswedel und Ehra gefahren. Dabei wurde kritisch beäugt, was gut oder weniger gut gewachsen war. Dass in Ehra wegen der Hitze der Roggen zu wünschen übrig ließ, Hafer und Klee aber ordentlich standen, wurde aufmerksam registriert. Vermisst wurden von den Herren zu dieser Besichtigungsreise die schmückenden Triumphbögen an den Ortseingängen von Voitze und Wiswedel. Lediglich in Ehra leuchtete ihnen ein solcher Bogen blumenverziert entgegen. Gut genährt und wahrscheinlich mit dem einen oder anderen Bier gestärkt, machte man sich ganz und gar zufrieden am Abend wieder auf den Heimweg.