Ein Blog des Museums- und Heimatvereins Brome e.V.

Monat: Juli 2020 (Seite 4 von 6)

Wolfsburger Gerichtsprotokolle von 1711 bis 1724 als historische Quelle für Orte der Samtgemeinde Brome

Bereits im Jahr 2017 hat die Hobbyhistorikerin Maria Schlelein die Gerichtsprotokolle des Wolfburger Amtmannes Johann Ernst Selig aus der Zeit von 1711 – 1724 herausgegeben. Das rund 1800 Seiten starke Original des Protokollbuches lag lange Jahre in einer Vitrine des Stadtmuseums Schloss Wolfsburg und war der Heimatforschung mehr oder weniger unbekannt. In Gänze ausgewertet ist es bis heute nicht. Bis 1742 war die Familie von Bartensleben zu Wolfsburg der Lehensnehmer der Braunschweiger Herzöge über die Wolfsburg und die dazu gehörigen Dörfer. Ihr Gebiet erstreckte sich auch über weite Bereiche der heutigen Samtgemeinde Brome. Auf der Wolfsburg tagte auch das für die Dörfer zuständige Patrimonialgericht. Dort wurde Recht gesprochen u.a. über die Dörfer Brechtorf, Rühen, Eischott, Tiddische, Hoitlingen, Bergfeld sowie Parsau. Die Gerichtsbarkeit über Tülau-Fahrenhorst lag dagegen bei der Familie von Weyhe. Das Patrimonialgericht Brome sprach Recht über die Orte Brome, Altendorf, Benitz, Zicherie, Voitze und Croya; nach 1692 auch über Wiswedel, Ehra und Lessien.

Die Wolfsburger Gerichtsprotokolle sind für den südlichen Bereich der Samtgemeinde Brome eine wertvolle historische Quelle, die bisher nicht im Detail ausgewertet wurde. Zwar umfassen die Protokolle nur etwa 13 Jahre. Dennoch lässt sich ein gutes Bild über die damals herrschenden gesellschaftlichen Probleme herausarbeiten.

So verklagt z.B. der Rühener Rademacher Christoph Otto am 1. September 1720 einen gewissen Hanß Adam aus Brechtorf vor dem Wolfsburger Gericht. Christoph Otto klagt auf Bezahlung seiner Rademacherarbeit in Höhe von 1 Thaler 6 Groschen, die ihm der Beklagte schuldete. Der Beschuldigte gesteht die ausstehende Zahlung und sagt die Begleichung der Summe innerhalb von drei Wochen zu, womit der Prozess dann augenscheinlich auch beendet war.

In zahlreichen Gerichtsverhandlungen geht es um unrechtmäßig abgepflügte Ackerstücke, ausstehende Schulden, Aussteuerangelegenheiten und auch Beleidigungen.

Das vom Förderverein des Stadtmuseums Schloss Wolfsburg herausgegebene, insgesamt 526 Seiten umfassende Buch kann für 50 € im Stadtmuseum Wolfsburg erworben werden.

Ein früher Beleg zur Bromer Postgeschichte aus dem Jahr 1829

Quittung über die Sendung von 13 Reichthaler 15 Groschen 6 Pfennig vom 2. Mai 1829 (Original: Sammlung Jens Winter)

Der Flecken Brome erhielt erst verhältnismäßig spät eine Poststation. Am 28. März 1826 teilte das Generalpostdirektorium mit, dass „zu Brome, bis auf weitere Verfügung ein Postableger errichtet, und H. Diercks als Postwärter daselbst angenommen“. Die Station Brome erhielt ihre Post durch die neu eingerichtete Verbindung von Gifhorn nach Brome.

Am 30. September 1846 schied H. Diercks freiwillig aus dem Postdienst aus. Sein Nachfolger wurde M. Mauerer, der bereits 1853 verstarb.

Bei dem hier abgebildeten Beleg handelt es sich nicht um einen Brief. Vielmehr ist es eine Bescheinigung über die Geldsendung über 13 Reichthaler 15 Groschen 8 Pfennig nach Celle. Das Geld wurde in einer Rolle abgeschickt, die mit „H. P. R.“ gekennzeichnet war. Der Name des Empfänger konnte bisher nicht eindeutig entziffert werden (Womöglich war es Herr Canzeley Privatier Reiking?). Abgeschickt wurde die Geldsendung am 2. Mai 1829. Deutlich ist zu erkennen, dass für Brome auch drei Jahre nach der Einrichtung der Poststation noch keine eigenen Formulare existierten. Denn auf der hier abgebildeten Quittung ist das gedruckte Wort Gifhorn durchgestrichen und daneben wurde handschriftlich Brome ergänzt. Unterschrieben wurde die Quittung dann eindeutig vom Bromer Postwärter Diercks.

Ein postalischer Beleg für Zwangsarbeit in Brome

Briefrest adressiert an Matrona Iwanyschyn, geb. am 7. Juli 1921 in Komarin (Galizien – Polen), in Brome (Original: Sammlung Jens Winter)

Einen besonderen postalischen Beleg konnte ich kürzlich bei Ebay erwerben. Es handelt sich um das hier abgebildete Briefstück, welches vermutlich aus einer Zeitung stammte. Darauf befindet sich in der linken oberen Ecke die 6-Złoty-Briefmarke des Deutschen Reiches für das Generalgouvernement. Gestempelt ist die Marke am 17. Mai 1944. Der Ort ist leider unleserlich. Adressiert war das Ganze an Matrona Iwanyschyn in Brome. Laut Anmeldeliste der Gemeinde Brome wurde sie am 13. September 1942 in Brome registriert. Untergebracht war sie bei Rudolf Schulze, dem Inhaber des Möbelgeschäftes Louis Schulze. Geboren wurde Matrona Iwanyschyn am 7. Juli 1921 in Komarin (Galizien – Polen). Sie war zum Zeitpunkt ihres Anmeldens in Brome demnach 20 Jahre alt und bereits verheiratet. Ihr Mann ist in den Bromer Meldelisten nicht zu finden. Als Beruf wird Landarbeiterin angegeben. Es ist davon auszugehen, dass sie aus dem damaligen Generalgouvernement als Zwangsarbeiterin nach Brome gekommen ist.

Eintrag von Matrona Iwanyschyn in der Meldeliste des Fleckens Brome vom 19.09.1942. (Sammlung MHV Brome)

Der Briefrest belegt, dass Matrona Iwanyschyn, wie in den Anmeldelisten angegeben, bei Rudolf Schulze in Brome untergebracht war. Welche Arbeiten sie dort erledigen musste, ist leider nicht bekannt. Auch ist nicht bekannt, wer der Absender des Briefes war. Allerdings zeigt der Briefrest, dass die ZwangsarbeiterInnen per Post Kontakt in die Heimat halten konnten.

Möbelgeschäft von Rudolf Schulze, Hauptstr. 19 und 21. Das Jahr der Aufnahme ist unbekannt. (Sammlung MHV Brome)

Schmuggel in Brome – Der Schmuggler Hannover holt seinen Wagen aus der Steimker Zollscheune

Der Flecken Brome war bis zum Beitritt des Königreichs Hannover zum Deutschen Zollverein im Jahr 1854 ein bekanntes Schmugglernest. Besonders der Salzschmuggel aus dem Lüneburgischen in die benachbarte Altmark, die zum Kurfürstentum Brandenburg bzw. zum späteren Königreich Preußen gehörte, war ein lohnendes Geschäft. Die geografischen Bedingungen waren im Bromer ideal für den Schmuggelhandel. Die Grenze war zwar seit 1692 eindeutig durch sogenannte Schnedehügel markiert, allerdings wurde die Grenze nur von einigen wenigen Grenzjägern unzureichend bewacht. Der Bromer Bogen ist eine offene Ebene, die nach Osten nicht durch Feuchtgebiete begrenzt war. Spätestens seit dem 17. Jahrhundert war der Bromer Bogen in weiten Teilen mit Heide bewachsen. Ausgedehnte Wälder wie heute gab es damals hier nicht. So konnten die Schmuggler tagsüber bereits von Weitem die brandenburgischen Grenzjäger sehen. Über die ausgedehnten Heideflächen führten zahlreiche befahrbare Wege in die Altmark.

Zahlreiche Schmugglergeschichte aus der Frühen Neuzeit sind überliefert. Hier wird nun eine Geschichte wiedergegeben, die der Klempner und Brauer Friedrich Schäfer im September 1922 in der Bromer Kirchenzeitung „Heimatglocken aus dem Ohratal“ veröffentlicht hat. Über die Geschichte der Brauerei Schäfer gibt es ebenfalls einen Blogeintrag! Hier nun die von ihm überlieferte Schmugglergeschichte:

Ganz besonders geschickt in dem Schmuggelhandwerk war in Brome ein Bauernsohn aus Ohrdorf, Hannover mit Namen, welcher sich nach Brome verheiratet hatte. Er hatte seine Kunst schon aus seinem Heimatdorf mitgebracht und war stets unentdeckt zum Ziel gekommen. Einmal nun hatte er mit vier bis sechs anderen Bromer Bürgern einen ganz großen Streich geplant. Sie hatten mehrere Fuhren Salz aus Lüneburg geholt und wollten damit nach Immekath fahren. Da plötzlich, als er mit seinem Wagen ½ Kilometer auf preußischem Gebiet ist, sieht er vier Grenzjäger aus sich zukommen. Verrat muss dabei im Spiel sein. Er springt schnell vom Wagen, schneidet die Strenge ab und jagt mit den Pferden nach Hause. Dann schleicht er sich wieder hin und sieht, wie die Grenzjäger den Wagen zum Steueramt nach Steimke fahren und zwar wird derselbe in einer kleinen Scheune der gräflichen Gastwirtschaft neben der Kirche untergebracht. Sie wie Hannover das alles beobachtet hat, eilt er zurück und holt seine Frau und seine Pferde. Die Grenzwächter sitzen vorn in der Gaststube und halten nach dem Hofe zu Wacht. Er aber führt seine Pferde nach der Außenseite der Scheune, bindet sie an, stößt mit den Füßen einige Steine heraus und macht die Öffnung so groß, dass er durchkriechen kann. Dann öffnet er die Tür nach innen, und, da diese nicht groß genug ist, dass ein Wagen durchfahren kann, trägt er als starker kräftiger Mann erst die Fracht vom Wagen hinaus, nimmt dann die Räder und Gestelle auseinander, trägt sie hinaus, stellt alles wieder zusammen und ladet die Fracht wieder auf. Dann spannte er die Pferde vor und fährt in der Nacht nach Immekath, wo das Salz bestellt war. Auf Umwegen über Mellin kommt er wieder unbemerkt nach Brome zurück. Die Grenzjäger aber hatten das Nachsehen und mussten überdies noch viel Spott ernten.

Anmerkung:

In dem Heft „Deutschlands Boden nährt uns alle“ von Friedrich Schäfer ist auch die oben zitierte Schmugglergeschichte abgedruckt. Hier sind noch weitere Schmugglergeschichten nachzulesen. Das Heft kann beim Museums- und Heimatverein Brome e.V. bestellt oder im Museum Burg Brome für 6,00 € erworben werden.

Die Rückkehr der Kraniche

Kraniche mit Jungvogel (Foto: Gerd Blanke)

Seit 2010 leben wieder Kraniche im Naturschutzgebiet an der Ohre nahe Altendorf. Dieses Gebiet ist sehr klein, aber für die Vögel wohl attraktiv genug, denn seit dieser Zeit ziehen sie regelmäßig im Jahr ein oder zwei Junge auf.

Noch vor gut 30 Jahren gehörte ihr heutiger Brutbereich zum Grenzgebiet der DDR, war gut bewacht und fast baumlos, da die Grenztruppen das Gelände für freies Sicht-und Schussfeld geräumt hatten. Die vorher stark mäandrierende Ohre war bis zum niedersächsischen Teil kanalisiert, die Altarme von der Ohre abgetrennt. Nach der Grenzöffnung wuchsen im Feuchtbiotop Weiden und Erlen. Durch die Altarme eignete sich das Gebiet nicht für die Landwirtschaft und wurde sich selbst überlassen.

Im Jahr 2004 übernahm eine Biberfamilie die Regie, denn das Feuchtgebiet ist für sie ideal. Weichhölzer wie Espe und Weide sind für die örtlichen Biber Nahrungsgrundlage. Die Tiere gestalten die Landschaft und die Gewässer nach ihren Bedürfnissen, legen in Gräben Transportwege für Zweige und Äste an, die zur Nahrung und zum Burgbau dienen, bauen kleine Dämme, oder stauen auch die Ohre, um konstanten Wasserpegel zu haben. Dieser Stau war wohl ausschlaggebend für die Kraniche, denn sie benötigen einen  Mindestwasserstand von 60 cm Tiefe um ihr Nest herum, damit Wildschweine, Füchse und andere Räuber die Eier oder Jungtiere nicht erreichen können. Das Nest wird auf einer kleinen Insel errichtet und ständig bewacht.

Im milden Winter 2019/20 verzichteten die hiesigen Kraniche auf einen Zug in den Süden. Die Ernährungslage war durch fehlenden Frost gesichert. So konnten sie frühzeitig ihr Revier, dass offensichtlich begehrt ist, gegen Konkurrenten mit ihren markanten trompetenartigen Rufen, aufgeregtem Hüpfen und Flügelschlagen verteidigen. Im Jahr 2020 besiedelten 2 Paare das Naturschutzgebiet „Ohreaue“. Bleibt zu hoffen, dass die großen Vögel weiter unbehelligt von uns Menschen hier in Ruhe leben können.

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