Ein Blog des Museums- und Heimatvereins Brome e.V.

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„Wölfe – auch schon damals“

Der letzte Wolf im Landkreis Gifhorn wurde im Jahre 1956 bei Boitzenhagen erlegt. Danach gab es Jahrzehnte lang in den heimischen Wäldern und Fluren keine Wölfe mehr, erst seit 2017 gilt ihre Rückkehr im hiesigen Raum als gesichert.

Die kontroverse Debatte darüber konnte man in verschiedenen Medien verfolgen, angefeuert von den jeweils unterschiedlichen Interessenlagen und Standpunkten.

Mich interessierte, welche Erfahrungen die Menschen unserer Region in früheren Zeiten mit dem Wolf gemacht hatten. Dazu bin ich bei dem Bromer Heimatforscher Karl Schmalz, der sich mit vielen Aufsätzen zur Heimatgeschichte verdient gemacht hat, fündig geworden.

In der Zusammenfassung seiner Aufsätze befinden sich die Berichte „Eine Wolfsjagd im Ehraer Holz“, „Wolfsplage vor 300 Jahren“, „Wolfsjagd zwischen Radenbeck und „Tesekendorf“ und „Wölfe – auch schon damals“.

Der Wolf hatte besonders damals, aber auch heute noch, für viele Menschen das Image des gefährlichen und blutrünstigen Raubtieres. Als Nahrungskonkurrent, der das kostbare Vieh der Bauern und der kleinen Leute riss, wurde er verfolgt und wenn möglich, zur Strecke gebracht. 

Auch wenn es in der Beschreibung über die Wolfsjagd in Ehra vor allem darum geht, wer damals das Jagdrecht in unseren heimischen Wäldern hatte, so erfährt man in der Vernehmung von Ehraer Bürgern durch den Knesebecker Amtmann im März 1702 doch etwas über die Methode dieser Jagd.

Dazu wurden Leinen mit Lappen versehen und zwischen Bäume gespannt, um die Tiere in eine bestimmte Richtung zu lenken. Konnte ein Wolf entwischen, war er „durch die Lappen gegangen“. Zwischen den Bäumen wurden zudem Netze aufgestellt, in die die Wölfe getrieben werden sollten. Jagdhelfer stiegen auf Bäume und hielten von dort oben Wache. Wurde ein Wolf gesichtet, sollte er in den nach und nach enger gestellten Netzen gefangen und erlegt werden.

So war auch der Plan damals in Ehra. Besonders erfolgreich war das in diesem Falle nicht, denn obwohl die Jäger acht Tage lang zum Schießen ausgezogen waren, bekamen sie keinen Wolf zu Gesicht und damit auch keinen vor die Flinte.

Eine andere Jagdmethode war die Jagd mit Wolfskuhlen. Dicht an der Grenze zur Bromer Gemarkung gibt es sowohl eine „Große Wolffs Kuhl“ als auch eine „Kleine Wolffskuhl“.  Die Bezeichnungen deuten darauf hin, dass die Jagd mit Fallgruben auch hier durchgeführt wurde.

In die getarnten Gruben (Kuhlen) wurde der Wolf getrieben und konnte aus eigener Kraft nicht mehr entkommen. Das gefangene Tier konnte entweder gleich getötet oder lebend entnommen werden und einer Jagdgesellschaft zugeführt werden.

Wolfsjagden waren ein Teil des adligen Lebens und erfreuten sich in diesen Kreisen großer Beliebtheit „… Eß werden die vf künfftigen vnserm Beylager zur Lust benöthigte Wölffe in Vnsern Landen nicht mehr zu erlangen stehen“, sorgte sich Herzog Christian Ludwig in einem Schreiben vom März 1653 an seinen Oberforst- und Jägermeister Georg von Wangenheim.

Die lebend gefangenen Wölfe wurden in extra hergerichteten Gehegen für dieses besondere „Jagdvergnügen“ solange gehalten, bis wieder eine herrschaftliche Wolfsjagd anstand.

Damit wurde deutlich, dass es längst nicht nur darum ging, das Vieh zu schützen, sondern „wieder einmal in Abenteuerlust die Aufregungen einer Wolfsjagd genießen zu können“, wie Karl Schmalz bilanzierte.

Bei den abkommandierten Jagdhelfern der adligen Jagd hielt sich die Begeisterung über den Einsatz dagegen in Grenzen.

Zur Wolfsjagd wurde stets ein starkes Aufgebot an Helfern benötigt. Weil die sich nur schwerlich freiwillig bereit fanden, griff der Adel zum verpflichtenden Mittel der „Landfolge“. Dazu gab es eigens aufgestellte Listen, in denen die zur Landfolge aufgestellten Männer aufgeführt wurden. Allein das Amt Knesebeck zählte im Jahre 1663 ganze 245 Mann, die unbefristet und ohne Entlohnung aufgerufen werden konnten.

Probleme hat es für die Bauern und Tierhalter durch den Wolf immer wieder gegeben. Die im März 1647 erfolgte Meldung durch einen Thomas Daume aus dem Amt Lüne berichtete sogar von einem Angriff auf eine Frau. Der Wolf soll ihr nach dem Aufstehen nach der Kehle gefasst haben und wurde von dem herangeeilten Gesinde erstochen.

In einem anderen Fall hatte der Pfarrer von Jeggau im Jahre 1659 ins Kirchenbuch eingetragen: „Ein Wolf hat… den Schulzen Hans Mumme beim Anfahren des Holzes für den Prediger, im Dorf angegriffen, so daß er elendiglich gestorben“.

Wie es zu den Zwischenfällen gekommen war, sowie die näheren Umstände der Attacken, wurde leider nicht festgehalten.

Bei zahlreichen früheren Berichten aus Geschichte und Literatur, in denen über Wolfsattacken auf Menschen durch bis zu 20 Tiere starke Rudel geschrieben wurde, handelt es sich ganz sicher um Übertreibungen.

Wölfe leben im Familienverbund, ähnlich dem Menschen. Im Alter von 11 bis 12 Monaten verlassen die Jungtiere ihr Rudel um sich ein neues Revier und einen Partner zu suchen, mit dem sie eine eigene Familie gründen können. Bei dieser Suche legen sie lange Strecken zurück. Thomas Pusch, der Sprecher des Landesfachausschusses Wolf beim Naturschutzbund in Nordrhein-Westfalen erklärte, „Ein Wolfsrudel besteht aus acht bis 10 Tieren, die auf einem Gebiet von 250 Quadratkilometern leben. Größer wird das Rudel nicht, denn „Es gibt eine Inzuchtsperre…“

In dem Aufsatz über die „Wolfsjagd zwischen Radenbeck und „Teskendorf“ wird davon berichtet, dass bei einer offenbar ungenehmigten Wolfsjagd ein zwölfjähriger Junge versehentlich angeschossen wurde, so dass er 5 Tage später verstarb. Ansonsten wird vermerkt „nichts gesehen, nichts gefangen und nichts geschossen“.

Aus dem vierten Bericht von Karl Schmalz über „Wölfe – auch schon damals“, erfahren wir, dass es in der hiesigen Gegend bis in die neuere Zeit immer wieder Wolfsjagden gegeben hat. So wurden ein „großer Ehraer Wolf“ im Dezember 1824 und ein Schönewörder Wolf 1871 bei Erpensen erlegt.

Schmalz vermutete, die Bezeichnung Wolf könnte früher allgemein als Synonym für wilde Tiere gebraucht worden sein, so dass nicht immer ganz eindeutig war, ob es sich bei dem „Übeltäter“ tatsächlich um einen Wolf handelte.

Aus unserer Natur ist der Wolf inzwischen nicht mehr wegzudenken. Weder sollten wir ihn romantisieren, noch unbegründete Ängste schüren. Ob Karl Schmalz das wohl auch so gesehen hätte? Wohl nicht, dazu war er, der 1966 gestorben ist, wohl doch zu sehr der Denkweise seiner Zeit verpflichtet, in der „der letzte Gifhorner Wolf“ als gefährliches Raubtier erlegt wurde.

Der Bickelstein – ein Sagen- und Grenzstein nordöstlich von Ehra

Der Bickelstein (Foto: Jens Winter, August 2020)
Der Bickelstein (Foto: Jens Winter, August 2020)

Etwa 4,2 km nördlich von Ehra östlich der Straße L286 Richtung Boitzenhagen liegt der Bickelstein – ein riesiger Granitblock. In den Bickelstein sind sieben Hufeisen und sieben Kreuze eingemeißelt. Welche Bedeutung diese Zeichen haben, ist unbekannt.

Eingemeißelte Hufe und Kreuze (Foto: Jens Winter, August 2020)

Bericht über die den Grenzverlauf 1570

In einem Bericht über die Grenzverläufe zwischen Dannenbüttel, Grußendorf, Westerbeck, Ehra und Lessien aus dem Jahr 1570 wird der Bickelstein als eine Grenzmarkierung aufgefasst.

Während Dannenbüttel und Westerbeck 1570 zum Amt Gifhorn gehörten, gehörten Grußendorf und Stüde zu denen von Bartensleben zu Wolfsburg, die vom brandenburgischen Kurfürsten die beiden Dörfer zum Lehen erhalten hatten. Die Grenze war also eine Landesgrenze. Am Hierßbrunnen (wohl: Herzbrunnen) stoßen die Feldmarken von Dannenbüttel, Westerbeck und Grußendorf zusammen, wie die von Bartensleben behaupten (und was das Amt Gifhorn nicht anerkennen wollte). Von dort ging die Grenze „an einen Grundt im Barsau“, wo ein mit einem Kreuz gekennzeichneter Baum gestanden hat. Dort war auch ein doppelter Graben gezogen, der zu beiden Seiten aufgeworfen war. Das dritte Grenzmal war der sogenannten Schönewörder Stieg, welcher durch Jacob Dietrichs Stall zu Stüde ging. Die drei Höfe zu Stüde wurden erst innerhalb der vergangenen 16 Jahren (Stüde wurde demnach 1554 gegründet). Vom Schönewörder Stieg ging die Grenze durch das Moor bis auf den Suderbecke, wo „sich Ise unndt Suderbecke scheidet“ (Zusammenfluss von Ise und Sauerbach südlich von Wahrenholz). Von dort ging die Grenze den Sauerbach entlang, dann zwischen den Großen und Kleinen Düsterhöpen (ein Fichtenbusch) entlang über das Steertmoor auf einen großen Stein zu, wo einst ein Grab gewesen sein soll. Von dort geht die Grenze bis auf den Bickelstein.

Gründe für die Streitigkeiten

Das Amt Gifhorn hatte einige wichtige Argumente gegen diese von den von Bartensleben behauptete Grenzziehung einzuwenden. Zuerst war Gifhorn der Meinung, dass Grußendorf zum Amt Gifhorn gehöre und lüneburgisch wäre. Außerdem bestritten sie, dass der Hierßbrunnen an einer Gemarkungsgrenze liegt, vielmehr gehöre er ihrer Interpretation nach zu Dannenbüttel und damit zum Amt Gifhorn. Außerdem behaupteten die Gifhorner, dass die Gemarkungsgrenze zwischen Dannenbüttel, Westerbeck und Stüde einerseits und Grußendorf andererseits bereits vor etlichen Jahren im beiderseitigen Einvernehmen festgelegt und mit Aufwürfen und Malhügeln markiert wurde. Die von Bartensleben dagegen bestreiten diese einvernehmliche Lösung und führen an, dass vor 20 Jahren (also um 1500) das Amt Gifhorn von sich aus diese Markierungen haben machen lassen, womit die von Bartensleben aber 1570 nicht mehr einverstanden waren.

Im Jahr 1570 hat Johann von Seggerden, Hauptmann zu Gifhorn, ein neues steinernes Kreuz (genannt „das Weiße Kreuz“) machen und setzen lassen an der Stelle im Bockling, vor einmal ein Holzkreuz gestanden hat, das aber mehrfach zerstört wurde. Das Amt Gifhorn sah das Kreuz als eine Grenzmarkierung an, wohingegen die von Bartensleben anführen, dass an der Stelle einmal ein Kramer erschlagen wurde und zur Erinnerung an diese Tat dort das Kreuz aufgestellt wurde. Die Ämter Gifhorn und Knesebeck sahen das Kreuz als eine Grenzmarkierung zwischen den beiden Ämtern an. Es wurde behauptet, dass die Grenze vom Sauerbach bis an das steinerne Kreuz verlief und von dort über den Ehraer Grundzapfen bis nach Wiswedel, von dort schließlich bis zur Ohre verliefe.

Allerdings konnte diese Behauptung des Amtes Gifhorn nicht bestätigt werden, denn auf diesem Weg vom Kreuz in Richtung Ehraer Grundzapfen konnten keine Markierungszeichen an Steinen, Bäumen, Malhaufen oder an Gewässern gefunden wurden. Letztendlich konnten sich die von Bartensleben mit ihrer Argumentation (vorerst) durchsetzen.

Grenzrezess von 1583 wegen Grenzstreitigkeiten bei Ehra und Wiswedel

Auch im Jahr 1583 ging es wieder um Grenzstreitigkeiten um die Nordgrenze der Brandenburgischen Butendörfer, die von dem Sauerbach (südlich von Wahrenholz) bis an die Ohre zwischen Radenbeck und Benitz reichte. Hauptstreitpunkt ist wiederum die Lage des weißen Kreuzes, das sowohl vom Amt Gifhorn als auch vom Amt Knesebeck als Grenzmarkierung angesehen wurde. Die von Bartensleben lehnten dies natürlich ab, weil ihrer Interpretation nach das weiße Kreuz auf brandenburgischem Territorium lag. Ein weiterer Streitpunkt war natürlich die Zollstange am Bickelstein.

Die von Bartensleben haben die Grenze folgendermaßen angezeigt: vom Sauerbach über das Steertmoor bis zu einem Feldstein, auf dem zwei Kreuze eingehauen waren. Von dort ging die Grenze über einen großen Hügel zu einem weiteren großen Hügel, dem Roten Berg. Von dort bis zum Ende der Ehraer Feldmark. Von dort ging die Grenze zwischen den Feldmarken Boitzenhagen und Wiswedel auf einen Stein, der grauer Stein genannt wurde, was aber von den Boitzenhagenern bestritten wurde. Von dort ging es zum ehemaligen Schnede-Brunnen. Von dort ging die Grenze weiter zum hohen Stein.

Die lüneburgischen Räte sahen die Grenze selbstverständlich ganz anders. Vom Sauerbach ging die Grenze hin zum steinernen Kreuz, von dort zu einer Eiche, in die ein Kreuz gehauen war. Allerdings war die Eiche für einen Grenzbaum nicht alt genug! Von dieser Eiche zogen sie auf einen Teichdamm und von dort zum Ehraer Grundzapfen. Von dort ging es weiter zum Bickelstein. Von dort zogen sie über den Voitzer Weg bis zu einem Stein am Wiswedeler Berg.

Der Kommission war klar, dass auf Grund dieser unterschiedlichen Grenzinterpretationen eine Einigung über die Grenzziehung nicht leicht zu erzielen war. Sie haben sich darauf geeinigt, die Gemarkungsgrenzen, bis an die die Orte Landwirtschaft betreiben durften, mit Hügel zu markieren. Diese Gemarkungsgrenzen sollten aber keine endgültigen Landesgrenzen darstellen.

Die Grenze zwischen Wiswedel und Boitzenhagen sollte vom Roten Berge über sechzehn Mahlhügel Richtung Westen über die Heide auf den Zileitzschen Busch bis hin zu einem damals besäten Roggenacker gehen, wo ebenfalls fünf Hügel aufgeworfen werden sollten. Die Grenze zwischen Wiswedel und Radenbeck sollte zwischen den gerodeten und gepflügten Äcker, die zu den jeweiligen Dörfern gehören, hindurchgehen.

Der Bickelstein in historischen Karten

Auf der Karte von Strauß aus dem Jahr 1688 ist der Bickelstein mit eingezeichnet. Er liegt nach dieser Interpretation in brandenburgischem Territorium.

Ausschnitt aus der Karte von Strauß aus dem Jahr 1688. Der Bickelstein ist hier mit eingezeichnet. Damals waren u.a. die Dörfer Ehra und Wiswedel noch brandenburgisch. Erst 1692 wurde sie wieder lüneburgisch. Damit hörten auch die Grenzprobleme, die wir bereits in einem früheren Blogeintrag angesprochen haben, in diesem Bereich auf. (Original: Hauptstaatsarchiv Hannover)

Auf einer Karte aus dem 18. Jahrhundert ist der Bickelstein mit eingezeichnet. Die rote Linie nördlich des Bickelsteines ist die ehemalige Landesgrenze zwischen Lüneburg und Brandenburg gewesen. Der Bickelstein war nach dieser Karte eindeutig keine Grenzmarkierung!

Ausschnitt aus einer Karte des Herrschaftsbereiches derer von Bartensleben zu Wolfsburg. (Original: Hauptstaatsarchiv Hannover)

Sagen um den Bickelstein

Im Dreißigjährigen Krieg kam um 1630 ein von den Kaiserlichen verfolgtes schwedisches Heer unter König Gustav Adolf II. in die Bickelsteiner Heide. Umzingelt von Feinden habe der König gerufen: „So wenig, als mein Pferd in diesen Stein treten und ich mein Schwert hineinhauen kann, so wenig werden wir noch siegen.“ Darauf zeigten sich die Wunderzeichen im Stein und die Schlacht wurde gewonnen.

Auf einer Infotafel am Bickelstein kann die Sage mit noch mehr Details nachgelesen werden.

Imkerei im Raum Brome im 17. und 18. Jahrhundert – Belege in Ehestiftungen

Imker Fritz Schulze aus Lessien vor seinem Bienenstand (Original: Sammlung Winfried Rolke, Lessien)

Bienen spielten im 17. und 18. Jahrhundert im Raum Brome als ein Teil der Mitgift eine besondere Rolle. In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass Mitgift nicht automatisch das von der Frau in die Ehe eingebrachte Gut bezeichnet. Es kam auch vor, dass z.B. ein Mann in den Haushalt seiner Frau einheiratete. Dann brachte die Braut als Mitgift Haus und Hof ein, der Bräutigam materielle Dinge, wie z.B. Bargeld, Vieh oder Möbel.

Ein Teil der Mitgift waren in vielen Fällen Bienenstöcke. In den Ehestiftungen wird immer wieder ein sogenanntes „Landesrecht“ erwähnt. Als „Landesrecht“ wurde das Hab und Gut bezeichnet, dass traditionell als Mitgift in die Ehe eingebracht wurde. Zur Mitgift der Braut heißt es in der Ehestiftung  vom 28. März 1645 zwischen Hans Poselke, Dannenbüttel und Anne Harms, Ehra:

Belangende auff Seiten des Breutigambs seiner lieben Gespons oder Braut, so sol er ihrenthalben zu erfreuwen haben, was unter der Obrigkeit, nemblich       dehnen von Barttenschleben zur Wulffsburgk Landesrecht undt Gewohnheit ist, als zwo Ochsen, zwo Kuehe undt ein guest Rindt, item zwantzigkk Himbten            Rogken, zwantzig Himbten Habern, zwo Stock mit Immen, funff Schaeffe mit      Lemmer undt Bettegewandt zu einem vollstendigen Bette.

Zur Mitgift gehörten also: zwei Ochsen, eine Kuh, fünf Schafe mit Lämmern, 20 Himten Roggen, 20 Himten Hafer, zwei Stock Bienen, Bettwäsche.

In der Ehestiftungen vom 28. Dezember 1722 zwischen Hans Bromann, Böckwitz und Dorothee Elisabeth Mundschewitz, Kiebitzmühle bekam die Braut von ihrem Vater als Mitgift 80 Reichtsthaler und dazu ein volles Landesrecht, bestehend aus zwei Ochsen, zwei Kühen mit Kälbern, einer Kuh ohne Kalb, sechs Schafe mit Lämmern, ein Schaf ohne Lamm, ½ Wispel Roggen, ½ Wispel Hafer, zwei Stöcke Bienen und zwei Schatt Honig, Kisten und Kastengeräte.

Diese beiden Beispiele aus dem 17. und 18. Jahrhundert verdeutlichen, dass die Mitgift in diesem Zeitraum mit kleinen Abänderungen, die auf die jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse der Familien zugeschnitten waren, immer gleichgeblieben ist. Bienen waren meistens ein integraler Bestandteil der Mitgift, vorausgesetzt, dass sie auf dem Hof, aus dem die Mitgift gegeben wurde, vorhanden waren. In einigen Ehestiftungen wird eindeutig gesagt, dass statt der Bienen ersatzweise ein Geldbetrag gezahlt wird. So zum Beispiel in der Ehestiftung zwischen Carsten Beckmann, Böckwitz und Anna Gellermann, Zicherie vom 20. November 1711. Dort heißt es, dass der Brautvater zwei Thaler als Ersatz für die Bienen zahlt, „weil keine im Hofe vorhanden sind“. Als zweites Beispiel sei hier die Ehestiftung zwischen Carsten Meyer, Voitze und Anne Klopp, Zicherie genannt in der es heißt, dass in der Mitgift der Braut anstatt der Bienen und dem dazugehörenden Futterhonig ersatzweise 12 „Gute Groschen“ gezahlt werden, denn höchstwahrscheinlich gab es wie im erstgenannten Beispiel keine Bienenhaltung im Kloppschen Hof in Zicherie.

In den insgesamt 90 Ehestiftungen für Ehra von 1610 bis 1715 spielen in 63 davon Bienen eine Rolle als Mitgift. Nicht immer sind jedoch Bienen explizit erwähnt, sondern manchmal heißt es nur, dass die Mitgift ein „Landesrecht“ war, wie z.B. in der Ehestiftung von zwischen Henning Klopp, Voitze und Hans Wiswedel vom 23. September 1621. Dort heißt es: Der Brautvater Hans Wiswedel „will einbringen vull Landßrecht“, ohne Aufzählung der Einzelheiten. Da Bienen in diesen Fällen nicht explizit ausgeschlossen waren bzw. der Geldwert zu zahlen war, ist davon auszugehen, dass sie zur Mitgift dazugehörten. Es kam auch in seltenen Fällen vor, dass nur ½ Landesrecht als Mitgift gegeben wurde, so z.B. in der Ehestiftung zwischen dem Grobschmied Hans Möller aus Immekath und Cathrine Hermes aus Ehra im Jahr 1686. Der Brautvater Stückenköther Hans Hermes gab seiner Tochter ½ Landesrecht als Brautschatz mit, inklusive einem Stock Bienen. Das ist ein Hinweis darauf, dass die Familie nicht zu den wohlhabenden Familien zu zählen war. Aus diesen Angaben lässt sich mit aller Vorsicht vermuten, dass in den Dörfern Ehra, Lessien, Voitze, Wiswedel und Tülau in etwa 2/3 der Haushalte Bienen gehalten wurden.

Ein etwas anderes Bild ergibt sich bei der Betrachtung der Steimker Ehestiftungen. Für den Zeitraum von 1686 bis 1723 sind insgesamt 91 Ehestiftungen aufgeführt, bei denen in 41 Fällen Bienen eine Rolle gespielt haben. Auffallend ist, dass in den Ehestiftungen, die die altmärkischen Dörfer der Vogtei Steimke betreffen, Bienen als Mitgift eine viel geringere Rolle spielen als in den hannoverschen Dörfern des Gerichts Steimke. Zwar gab es auch in Böckwitz, Steimke, Dönitz und Wendischbrome Bienenhaltung, aber lange nicht so intensiv wie z.B. in Ehra und Wiswedel. Sicherlich hängt das mit der geografischen Lage der Dörfer Ehra, Wiswedel und Voitze zusammen, die in unmittelbarer Nähe der Bickelsteiner Heide lagen, so dass die Bienen in relativ kleinem Umkreis die Spättracht der Heide sammeln konnten. Ausgedehnte Heideflächen gab es um die Dörfer Wendischbrome, Zicherie-Böckwitz oder Steimke herum nicht, so dass eine ausgedehnte Imkerei wegen fehlender Spättracht schwierig war, denn sicherlich sind nicht alle Imker aus diesen Dörfern mit ihren Bienenstöcken in die Heide gewandert, was wegen der Reise, der Zollgebühren und des Fluchtgeldes mit erheblichen Kosten und Zeitaufwand verbunden war, der sicherlich bei einer Imkerei zur Deckung des Eigenbedarfs nicht lohnend gewesen wäre. Aus dem Flecken Brome gibt es für den Untersuchungszeitraum keinen Nachweis für Bienenhaltung, weder in Ehestiftungen noch in Gerichtsakten. Das mag zwei Gründe haben, zum einen, dass der Ort Brome keine großen Heideflächen aufzuweisen hatte und zum anderen, weil Brome eine andere wirtschaftliche Prägung hatte als das Umland. Während im Bromer Umland die Landwirtschaft dominierte, lebte der Flecken Brome hauptsächlich vom Handwerk und vom Handel. Mit Sicherheit hatten auch einige Handwerker nebenbei Bienen, aber für Ehestiftungen waren diese ebenso wie anderes Vieh kein bestimmender Faktor gewesen. Einziger Beleg für Bienenhaltung im Flecken Brome ist die von Pastor Johann Marschall im Jahr 1586 verfasste Beschreibung des neuen erbauten Pfarrhauses in Brome. Er erwähnt, dass Bienen auf dem Grashof standen, die vermutlich sein Eigentum waren.

Als Ergebnis kann zusammengefasst werden, dass die Imkerei im Raum Brome hauptsächlich in den Dörfern rund um den Flecken Brome in der Frühen Neuzeit wahrscheinlich überwiegend zur Deckung des Eigenbedarfs an Honig und Wachs ausgeübt wurde. Hauptberufliche Imker lassen sich anhand der hier untersuchten Quellen nicht nachweisen.

In einigen Ehestiftungen ging die Mitgift über die zwei Bienenstöcke nach Landesrecht erheblich hinaus, was darauf hindeutet, dass in diesen Haushalten besonderen Wert auf Bienenhaltung gelegt wurde. Auffällig ist, dass es sich bei den folgenden Ehestiftungen durchweg um solche handelt, in denen der Bräutigam in den Hof einer Witwe einheiratet. Die Ehemänner brachten ihr gesamtes Hab und Gut inklusive der vorhandenen Bienen mit in die Ehen ein. So ist die Ehestiftung zwischen Jacob Ruck und Anne Kausche, der Witwe von Hans Havekost im Jahr 1610 außergewöhnlich. Jacob Ruck heiratete in den Hof des verstorbenen Hans Havekost ein und brachte als Mitgift unter anderem zwei Ochsen, zwei Kühe, 33 Schafe und 33 Stock Bienen mit in die Ehe ein. Das ist die größte Anzahl von Bienenstöcken, die in den hier untersuchten Ehestiftungen und Gerichtsprotokollen erwähnt ist. Jacob Schröder aus Lessien, der am 4.Oktober 1685 Anne Pape, Witwe von Hans Kratge aus Lessien heiratete, brachte ein volles Landesrecht inklusive zwei Stöcke Bienen in den Hof von Anne Pape bzw. von dem verstorbenen Hans Kratge mit ein. Darüber hinaus hatte er noch weitere Besitztümer,  die er ebenfalls mit einbrachte:

Überdaß, so hat der Breutigamb noch 40 Haupter Schafe, welche er auch der Braut zufreyet, desgleichen auch 8 Stock Immen.

Ebenso brachte 1685 Hans Cordt aus Vorhop sieben Stock Bienen und ein Viertel Fass Honig mit in den Hof seiner Braut Ilse Melzian in Wiswedel ein. In einem anderen Fall heiratete Hans Meyer, Sohn des verstorbenen Voitzer Schulzen Jobst Meyer, am 4.August 1700 die namentlich nicht genannte Witwe von Hans Dörrheide aus Ehra. Er brachte ein volles Landesrecht ein sowie all seine anderen Besitztümer:

Überdaß bringet er noch in die Güter, so er vor seine Persohn hat, ein an Viehe 6        Ochsen, ein Rindt, 30 Köpfe Schaffe, 12 Stöcke Bienen undt ein Ton[ne] Honig.

Als Cathrine Halmann, Witwe von Hans Schultze zu Böckwitz, Hans Klopp aus Benitz am 8.Februar 1721 heiratete, war in der Ehestiftung zur Mitgift des Bräutigams folgendes vermerkt:

Zuförderst bringet der Bräutigamb in die Güther ein 10 Häupter Rindvieh, alß 5    Ochsen und 5 Kühe, 50 Köpfe Schaafe, 10 Stöcke Bienen nebst so viel Honig,        alß zu deren Ausfütterung nöthig ist, und 30 Thlr. baares Geldt, welches alles er    vor sich erworben hat.

Ganz anders verhielt es sich in der Ehestiftung zwischen Johann Klopp, Boitzenhagen und Margarethe Jürgens, Wendischbrome vom 8.Februar 1721. Der Ackermann Jürgen Jordan und seine namenlich nicht genannte Frau waren kinderlos geblieben und konnten ihrem Ackerhof in Wendischbrome nicht länger vorstehen. Deshalb übergaben sie ihren Hof an die Brautleute Johann Klopp, den Bruder von Jürgen Jordans Ehefrau aus Boitzenhagen, und Margarethe Jordan, der unverheirateten Schwester von Jürgen Jordan. Die Braut brachte den Jordanschen Hof in die Ehe ein, der Bräutigam Johann Klopp aus seinem Besitz 100 Thaler Bargeld, zwei Ochsen, eine Kuh, 50 Köpfe Schafe, fünf Stöcke Bienen und eine Tonne Honig sowie ein halbes Landesrecht, welches ihm sein Bruder aus dem väterlichen Hof in Boitzenhagen schuldig war.

Anmerkung:

Dieser Text ist zuerst in dem Heft 11 der Bromer Schriften zur Volkskunde erschienen. Es trägt den Titel Zur Bienenhaltung im Raum Brome im 17. und 18. Jahrhundert. Das Heft kann im Museum Burg Brome oder beim MHV Brome für 5,00 € erworben werden.

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