Älteste Erwähnung der Kiebitzmühle

Die älteste bisher bekannte Erwähnung der Kiebitzmühle findet sich im Buch über die Kornrechnung des Achaz von Bartensleben aus den Jahren 1634 bis 1640. Es heißt dort, dass der Kiebitzmüller von Ostern 1638 bis Ostern 1639 20 Himten Roggen im Wert von 18 Groschen als Pacht gezahlt hatte. Leider wird der Name des Müllers nicht genannt. Da die Akte, die sich im Archiv derer von der Schulenburg in Nordsteimke befindet, bisher nicht vollständig gesichtet wurde, ist es gut möglich, dass in einem der anderen dort verzeichneten Jahre der Names eines Müllers erwähnt wird!

In den Protokollen der Ehestiftungen und Verträge des adeligenGerichts Wolfsburg (1643-1655) ist die Ehestiftung des Hanß Meltzians zu Ehra zu finden, die am 27. Oktober 1653 besiegelt wurde. Hanß Meltzian heiratete Anne Kovaln, die Tochter des Kiebitzmüller Hans Covalen. Die Mühle wird als Erbmühle bezeichnet, d.h. die Familie wurde innerhalb der Familie Covaln vererbt, aber die Eigentümer waren die von Bartensleben zu Wolfsburg, an die die Erbmüllerfamilie Pachtzinsen zahlen musste. Hans Covalen gab seiner einer Tochter als Mitgift ein volles Landesrecht, inklusive Ehrenkleidern, Bettgewand, Kisten und Kistengeräten, mit sowie darüber hinaus noch 20 Reichsthaler.

Nach Theo Bosse (Mühlen im Landkreis Gifhorn, 1991) war im Jahr 1662 Hanß Kovally der Müller auf der Kiebitzmühle. Im Jahr 1677 hieß der dortige Müller Heinrich Niebuhr. Sein Name wird auch einige Jahre später im Kontributionsregister der Landreiterei Salzwedel aus dem Jahr 1684/85 erwähnt. Die Kiebitzmühle gehörte damals zu Ehra und lag vom Dorf eine halbe Meile entfernt. Es wird aufgelistet, dass Heinrich Niebuhr damals kein Pferd, aber acht Rinder und 40 Schafe hatte. Mit dieser Erwähnung ist auch klar, dass die Kiebitzmühle auf brandenburgischem Territorium lag. Erst mit dem Vertrag von Wallstawe im Jahr 1692 wurde sie lüneburgisch.

Auf der Karte von Strauss (1688) ist zu erkennen, dass die damalige Landesgrenze direkt an der Kiebitzmühle vorbei lief (braune gestrichelte Linie). Am Kiebitzteich, dem Mühlenteich, verlief ein Weg von Voitze kommend zum Wiesenland. Der Damm am Mühlenteich musste vom Kiebitzmüller so ertüchtigt werden, dass der Weg nutzbar blieb.

In einer Auflistung sämtlicher Schulenburgscher Güter aus dem Jahr 1748 wird die Kiebitzmühle erwähnt. Damals musste der Kiebitzmüller, dessen Name leider nicht genannt wird, jährlich 34 Himten Vorsfeldisches Maß an Kornpacht zahlen. Im Vergleich dazu fielen für die Gödchenmühle nur etwas mehr als 22 Himten jährliche Pacht an.

Die Kiebitzmühle gehörte also denen von Bartensleben zu Wolfsburg und mit Aussterben der Familie von Bartensleben im Jahr 1742 ging die Mühle dann, wie auch alle anderen Güter und Besitztümer derer von Bartensleben, an die von der Schulenburg zu Wolfsburg über.

Die Besitzer der Kiebitzmühle von 1775 bis 1812

In einem Schreiben der Gemeinde Voitze über den Kauf die Kiebitzmühle vom 9. Januar 1823 heißt es:

Die Gemeinde Voitze ist wie Ew. Hochgräflichen Gnaden bekannt seyn wird, seit 1 1/2 Jahren Eingenthümerin der Kiebitzmühle[,] indem sie selbige von dem Müller Georg Baucke für die Summe von 5.500 Thlr. gekauft hat. Es sind der Gemeinde bey dieser Gelegenheit sämtliche Documente und Papiere[,] welche die Mühle betreffen, und unter andern auch die Verkaufsurkunde[,] welche die Gebrüder und Gevetter von Bartensleben auf Wolfsburg im Jahre 1775 dem ersten Käufer der Mühle Joachim Kovhall ausgestellt haben[,] ausgehändigt.


Angeblich sollen die von Bartensleben die Kiebitzmühle im Jahr 1775 verkauft haben. Doch dies kann gar nicht möglich gewesen sein, da die Familie von Bartensleben mit dem Tode des Gebhard Werner von Bartensleben am 6. Januar 1742 im Mannesstamm erloschen ist. Alleinerbin war die Tochter Anna Adelheid Catharina, die seit 1718 mit Adolph Friedrich von der Schulenburg (1685-1741) verheiratet war. Ihre Kinder begründeten den Wolfsburger Zweig der Adelsfamilie von der Schulenburg. Adolph Friedrich von der Schulenburg erhielt am 7. Dezember 1728 den erblichen Titel Reichsgraf durch Kaier Karl VI.

Die von Bartensleben können also die Kiebitzmühle 1775 gar nicht verkauft haben. Wenn wir davon ausgehen, dass die Jahreszahl des Verkaufs stimmt, dann war der Verkäufer Gebhard Werner von der Schulenburg (1722-1788), der Begründer des Wolfsburger Zweiges des Beetzendorfer Astes des Adelsgeschlechts derer von der Schulenburg.

Die Gründe für den Verkauf der Mühle sind unklar. Der erste Käufer der Kiebitzmühle war Joachim Kovhall. Er war jedoch längstens bis März 1778 Eigentümer der Mühle.

Im März 1778 wird als Kiebitzmüller Johann Heinrich Mundschwitz genannt. Wann und wie genau er Mühlenbesitzer wurde, ist unklar. Fest steht, dass er 1778 gegen die Gemeinden Voitze und Wiswedel wegen der Befestigung des Mühlenteichdammes klagte. Der Kläger verlangte, dass sich die Gemeinden Voitze und Wiswedel an der Befestigung des Dammes beteiligen sollten. Jedoch wurde die Klage zu seinen Ungunsten entschieden. Das Gericht Brome verpflichtete den Müller, den Damm in einen so tüchtigen Zustande zu versetzen, dass das Wasser aus dem Teich den Fuhrweg nicht beschädigen könne. Müller Mundschwitz hatte den Mühlenacker an einen gewissen Wiesensee verpachtet.

Die Kiebitzmühle auf der Kurhannoversche Landesaufnahme (1779). Nördlich der Mühle ist der heute nicht mehr existierende Mühlenteich zu sehen.

Der Kiebitzmüller Mundschwitz verstarb wohl im Jahr 1799. Seine Witwe verpachtete die Mühle vermutlich am 24. Mai 1799 an den Müller Matthias Uhlenhaus, danach an den Müller Habekost. Er verstarb wohl im Jahr 1803.

Die Witwe Mundschwitz verpachtete die Mühle dann an den aus Tiddische gebürtigen Müller Gebhard Müller von 1803 bis 1809. Die Übergabe der Mühle verzögerte sich allerdings aus nicht genannten Gründen, in denen Müller weiterhin Pächter blieb. Der Müller Gebhard Müller scheint in dieser Zeit auch seinen Schwiegervater Leopold, der ebenfalls Müller war, auf der Kiebitzmühle beschäftigt zu haben. Er wird in einigen Zeugenaussagen als Pächter bzw. Mitpächter der Kiewitzmühle bezeichnet.

Mit auf der Kiebitzmühle lebte Anne Elisabeth Rentelmann, die im Jahr 1826 66 oder 76 Jahre alt gewesen sei, „daß wiße sie nicht genau“. Sie war 1826 in Miesterhorst wohnhaft und lebte vom Nähen und Spinnen. Sie lebte von 1796 bis 1816 auf der Kiebitzmühle. Der Müller Mundschwitz war mit ihrer Schwester verheiratet, er war also ihr Schwager. In den ersten vier Jahren wohnte sie bis zu seinem Tode mit in der Mühle und im Anschluss daran bis 1816 mit ihrer Schwester auf dem Altenteil. Ihre Schwester verstarb an Johanni (24. Juni) 1816 .

Die Mühle wurde 1812 verkauft an den Müllermeister Johann Georg Baucke. Gebhard Müller verließ im April 1812 die Kiebitzmühle und arbeitete bis mindestens Ende 1820 in der Hoitlinger Mühle.

Die Mühle im Besitz der Gemeinde Voitze

Am 18. Mai 1821 kaufte die neun Eingesessenen (Hofbesitzer) zu Voitze gemeinschaftlich die Kiebitzmühle aus der Konkursmasse des Müllers Johann Georg Baucke zum Preis von 5.500 Reichsthalern.

Die Eingesessenen verpachteten zunächst die Mühle an Wilhelm Rentelmann. Dieser Vertrag wurde aus bisher unbekannten Gründen 1827 nicht verlängert. Neuer Pächter wurde der Vorsfelder Müller Gebhard Masche (Ostern 1827 bis Ostern 1833). Die Pachtbedingungen lauteten:

  • jährlich 5 1/2 Wispel reinen Roggen an die Verpächter;
  • 12 Gute Groschen Grundsteuer;
  • zwei Pfund Butter zu Ostern an den Bromer Pastor und
  • ein Viertel Schock (Schock = 60 Stück; also 15 Stück) Enteneier an das Gut Fahrenhorst.

Am 8. Februar 1834 verkauften die Eigentümer, nämlich die neun Voitzer Gemeindemitglieder, die Kiebitzmühle an Graf Gebhard Friedrich Werner von der Schulenburg-Wolfsburg für 3000 Reichsthaler in Gold und 500 Reichsthaler in konventioneller Münze.

Die Mühle im Besitz derer von der Schulenburg-Wolfsburg

Bis 1840 mussten die Besitzer der Kiebitzmühle (bzw. deren Pächter) jährlich ein Mandel Enteneier (Mandel = 15 Stück) an die von Weyhe in Fahrenhorst abgeben, nach der Behauptung des Berechtigen aber ein halbes Schock (Schock = 60 Eier) Hühnereier. Diese Abgabe wurde durch einen Ablösungsvertrag zwischen Graf Friedrich Werner von der Schulenburg und von Weyhe durch eine einmalige Zahlung von 4 Thalern 4 Groschen abgeschafft.

Die Familie Masche war bis kurz nach 1900 Pächter der Kiebitzmühle. Sie beendete den Pachtvertrag, zog nach Voitze und baute ein Haus am Ortsausgang nach Tülau.

Hier befand sich einst das Mühlrad der Kiebitzmühle. Zeichnung von Horst L. Weber (undatiert)
Kiebitzmühle um 1960. Der Mühlenteich nördlich des Mühlengebäudes existiert heute nicht mehr.

Die Kiebitzmühle befindet sich heute nicht mehr im Besitz des Grafen von der Schulenburg-Wolfsburg. Sie wurde im April 1995 verkauft. Sowohl das ehemalige Wohnhaus als auch das Mühlengebäude werden heute (2024) als Wohnhäuser genutzt. Die Gebäude stehen heute unter Denkmalschutz.

Links waren einst der Zulauf aus dem Mühlenteich und das Wasserrad. Das Mühlengebäude präsentiert sich heute hübsch saniert. (Foto 2020)