Ein Blog des Museums- und Heimatvereins Brome e.V.

Kategorie: Tülau-Fahrenhorst (Seite 3 von 3)

Veränderung der Landwirtschaft bewirkte Artensterben

Als meine Familie 1950 nach Altendorf zog, kam ich in ein Dorf, das durch bäuerliche Selbstversorgung geprägt war. Mehr als 30 Familien lebten ausschließlich von der Landwirtschaft. Die Viehwirtschaft umfasste alles, was man in Bilderbüchern für Kinder heute romantisierend als „heile Welt-Bauernhof“ oft noch findet. Kühe, Pferde, Schweine, Schafe und allerlei Federvieh waren auf jedem Hof zu sehen. Vor Pflüge und Wagen spannte man Pferde. Es gab nur vereinzelt Trecker. Die Kühe wurden morgens durch das Dorf zur Weide getrieben und abends zum Melken wieder in den Stall geholt. Vor den Höfen standen „Milchbänke“, auf denen Milchkannen auf den Abtransport zur Molkerei nach Brome warteten. Im Rundling war nur die Hauptstraße gepflastert. Die heutige Bundestraße hatte um 1950 noch Kopfsteinpflaster. Daneben verlief ein sogenannter Sommerweg, ein unbefestigter Straßenteil, den das Vieh gerne zum Laufen annahm. In die einklassige Volksschule gingen die Kinder zu Fuß, Schüler aus Benitz nahmen, falls vorhanden, ein Fahrrad und benutzten einen unbefestigten Rad- und Fußweg neben der heutigen Bundesstraße.

Die Bauerngärten dienten überwiegend der Selbstversorgung mit Gemüse und hatten nur einen kleinen Blumenanteil. Rasenmäher für Vorgärten gab es noch nicht.

Der Wiesenanteil in der Gemarkung war sehr groß, da man das Gras als Viehweide im Sommer benötigte, die restlichen Wiesen aber für Heu und Grummet (Grummet ist der zweite Grasschnitt) als Wintervorrat. Mineralischer Dünger wurde kaum eingesetzt. Der Mist aus der Viehhaltung diente dem Düngen des Ackers.

Geflecktes Knabenkraut (Foto: Gerd Blanke)

Daher waren die Wiesen mager und zeigten eine große Artenvielfalt an Blühpflanzen und Gräsern. Im Frühjahr waren die Wiesen übersät mit einem weißen Schleier von Wiesenschaumkraut. An nassen Stellen prahlten Sumpfdotterblumen mit ihrem satten Gelb. Dunkelgrün waren torfige Flächen durch die dort wachsenden Binsen. Im Mai überzog ein tiefes Rot die Stellen, wo noch einheimische Orchideen, wie das gefleckte Knabenkaut, wuchsen. Auch die wunderschönen Blüten des Fieberklees konnte man bis in die sechziger Jahre noch in der Nähe der Ohre finden.

Fieberkraut (Foto: Gerd Blanke)

Die war noch nicht begradigt und schlängelte sich in vielen Windungen in Richtung Brome. In den Höhlungen der Ufer fingen wir als Kinder mit der Hand noch Edelkrebse. In den Gräben hatten zahlreiche Kleinfische, wie die Stichlinge ihre Kinderstube. Auch Bodenbrüter in den Feuchtwiesen waren häufig. Das durchdringende „Kiwitt“ des Kiebitzes war weithin zu hören.

Kiebitz (Foto: Gerd Blanke)

Im Frühjahr konnte man die akrobatischen Balzflüge dieser Vögel beobachten. Wehe dem Fuchs, der dem Gelege zu nahe kam. Pfeilschnell stürzte sich ein Kiebitz im Sturzflug auf den möglichen Eierdieb und vertrieb ihn mit ständigen Scheinangriffen aus dem Revier. Allabendlich waren Bekassinen zu sehen. Bei ihren typischen Hochzeitsflügen ließen sich die Vögel aus großen Höhen senkrecht herabfallen und spreizten dabei die äußeren Steuerfedern ab, die dann ein „wummerndes“ Geräusch erzeugten. Daher nannte man diese Schnepfen im Volksmund Himmelsziegen. Selbst das melancholische Flöten des Großen Brachvogels war noch zu hören. Auch der Weißstorch zog auf einem Nest im Dorf seine Jungen auf. Nahrung gab es in den Feuchtwiesen reichlich. So konnte man in der Heuzeit manchmal den sogenannten „Krötenregen“ beobachten. Um diese Zeit verließen die kleinen Kröten massenweise ihre Gewässer und suchten, nachdem sie nun zu Lungenatmern geworden waren, ihre Nahrung in den Wiesen.

In den sechziger Jahren begann sich das Dorf zu verändern. Das Pferd als Zugtier machte Traktoren Platz, immer mehr Maschinen ersetzten oder erleichterten die schwere körperliche Handarbeit in der Landwirtschaft. Das „Höfesterben“ begann. Viele kleinere Bauern gaben ihre Höfe auf, weil sie in der wachsenden Industrie bessere Verdienstmöglichkeiten fanden. Andere übernahmen die Flächen, die zu größeren Einheiten zusammengefasst wurden. Heute teilen sich drei Landwirte die Gemarkung. Immer weniger Vieh wurde gehalten, deshalb brach man Wiesen um, legte Drainagen und verwandelte sie in Ackerland. Der Verbrauch an Mineraldünger, Herbiziden und Pestiziden nahm zu. Die Verarmung der Landschaft begann schleichend.

Wo wenig Insekten sind, können auch nur wenige Insektenfresser leben. Wo Mineraldünger eingesetzt wird, gibt es keine Orchideen mehr, die auf stickstoffarme Böden angewiesen sind. Werden Wiesen entwässert, fehlt Schnepfen und Kiebitzen der weiche Boden, in dem sie ihre Nahrung finden. Wird das Gras auf noch vorhandenen Wiesen schon April/Mai für Silage gemäht, hat kein Bodenbrüter die Chance, seine Jungen aufzuziehen.

Auch der Storch verließ 1996 unser Dorf, weil er nicht mehr ausreichend Nahrung fand.

Leider besteht auf die Rückkehr der bei uns verschwundenen Arten keine Hoffnung, da vermutlich die Landwirtschaft nicht zu alten Strukturen zurückkehren kann. Allerdings gibt es auch Lichtblicke. Durch den Status des Naturschutzgebietes in unmittelbarer Nähe des Dorfes sind ein Rest an Wiesen und die sich windenden Ohre dem Einfluss des Menschen entzogen. Biber stauen durch Dämme, Flachgewässer entstanden und bilden ideale Kinderstuben für Jungfische. Dadurch kann man wieder vermehrt Tiere beobachten, die davon leben wie Eisvogel, Reiher und Otter. Der angehobene Wasserstand ermöglicht auch dem Kranich inzwischen Jahr für Jahr hier heimlich seine Jungen aufzuziehen.

Bienendiebstahl bei der Kiebitzmühle (1683)

Dem Müller Carsten Bammel wurde am 2. September 1683 nachts ein Bienenstock bei der Kiebitzmühle gestohlen. Carsten Bammel scheint kein Imker mit vielen Bienenvölkern gewesen zu sein, denn aus dem Gerichtsprotokoll geht hervor, dass an der Kiebitzmühle nur zwei Bienenstöcke gestanden hatten. Die Bienenhaltung war wohl nur für die Deckung des Eigenbedarfs an Honig bestimmt gewesen. Bei den beiden Bienenstöcken handelte es sich wohl um seine sogenannten „Leibimmen“, die für die Überwinterung behalten und nicht zur Honigernte genutzt wurden. Schon allein deshalb war der Diebstahl ein herber Verlust für ihn, weil er dadurch im kommenden Jahr nur Schwärme aus dem einen verbliebenen Korb zur Honigernte nutzen konnte.

Er meldete den Diebstahl dem Gericht in Fahrenhorst, das daraufhin eine Hausdurchsuchung veranlasste. Tatsächlich wurde auch im Haus von Jürgen Bammel Honig gefunden. Er scheint selbst keine Bienen besessen zu haben, denn dann hätte er sich nicht wegen Honigbesitzes des Diebstahls verdächtig gemacht. Inwieweit eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen dem Angeklagten Jürgen Bammel und dem Kläger Kiebitzmüller Carsten Bammel bestand, ist in den Gerichtsakten nicht erwähnt, aber stark zu vermuten. In der Gerichtsverhandlung am 8. September 1683 gab Jürgen Bammel den Diebstahl zu und schilderte, dass er auf dem Weg nach Ehra bei der Kiebitzmühle zwei Bienenstöcke gesehen habe, deren Besitzer er nicht kannte. Einen Stock habe er mit zu sich nach Hause genommen und anschließend den Honig ausgebrochen. Die Kiste, wie er sich ausdrückte, habe er „ins Hauw gerohdet“, was wohl soviel heißt wie in den Wald geworfen, und sie wäre dort noch immer vorhanden. Leider ist diese „Kiste“ nicht weiter beschrieben. Wenn damit tatsächlich ein Holzkasten gemeint ist und nicht ein Bienenkorb, dann ist das ein Beleg dafür, dass bereits im 17.Jahrhundert im Raum Brome nicht nur mit Bienenkörben geimkert wurde, sondern auch mit speziell für die Imkerei hergestellten Holzkästen, wie sie in zahlreichen mittelalterlichen Abschriften des „Sachsenspiegel“ zu sehen sind.

Unumwunden bekannte er sich auf Nachfrage des Gerichts schuldig. Er wurde zu einer Geldstrafe von sechs Reichsthalern verurteilt, was etwa dem Gegenwert von sechs Bienenstöcken entsprach. Als Abschlag auf die Strafe wurde eines seiner Rinder im Wert von vier Reichtsthalern beschlagnahmt. Die besagte „Kiste“ wurde bis zum Erscheinen des Geschädigten Carsten Bammel, der offensichtlich nicht an der Verhandlung teilgenommen hatte, im Gericht aufbewahrt.

Von der Kiebitzmühle nach Neuseeland

Die Besitzer der Kiebitzmühle von 1775 bis 1812

Die Kiebitzmühle zwischen Voitze und Ehra gehörte bis ins Jahr 1775 denen von Bartensleben, die sie an den Müller Joachim Kovhall verkauften. Wie lange er die Kiebitzmühle sein Eigen nannte, ist heute nicht genau zu ermitteln. Fest steht aber, dass ein gewisser Mundschwitz die Mühlen am 24. Mai 1799 an den Müller Matthias Uhlenhaut verkaufte. Dieser wiederum trennte sich von dem Objekt nach nicht einmal einem Jahr. Der neue Besitzer war ein Müller Habekost. Er verstarb wohl im Jahr 1803, so dass seine Witwe die Mühle an den aus Tiddische gebürtigen Müller Gebhard Müller von 1803 bis 1809 verpachtete. Bereits 1809 gab es anscheinend schon Pläne zum Verkauf der Mühle, aber diese verzögerten sich bis ins Jahr 1812. Mit dem Verkauf der Mühle an den Müllermeister Johann Georg Baucke verließ Gebhard Müller die Kiebietzmühle und arbeitete bis mindestens Ende 1820 in der Hoitlinger Mühle.

Die Kiebitzmühle 2016 (Foto: Detlev E. Deipenau)

Der Müllermeister Johann Georg Baucke

Der Müllermeister Johann Georg Baucke wurde 1769 in Immekath (bei Klötze / Altmark) geboren. Er war mit Anne Marie Strycks verheiratet, die vermutlich aus Audorf stammte. Seine älteste erwähnte Tochter Catharina Sophie Baucke wurde 1806 in Immekath geboren. Bereits vor dem Kauf der Kiebitzmühle hatte Johann Georg Baucke sich im Pfarrbezirk Brome aufgehalten, denn das Bromer Kirchenbuch verzeichnet am 3. Oktober 1811 die Geburt der Tochter Anne Maria Magdalena Baucke. Am 26. März 1814 wurde auf der Kiebitzmühle sein Sohn Johann Heinrich Christoph Baucke geboren, der sich 1842 als Missionar auf den Weg nach Neuseeland machte.

Bereits im Jahr 1814, also zwei Jahr nach dem Kauf der Kiebitzmühle, hat Müllermeister Baucke wohl in finanziellen Schwierigkeiten gesteckt, denn er lieh sich am 29. Dezember 1814 von dem Ackermann Andreas Strycks aus Audorf 500 Reichsthaler Gold und 65 Reichsthaler Courant, die er laut Vertrag mit 4% jährlich verzinsen sollte. Ebenso lieh er sich von dem in Immekath gebürtigen Hamburger Kaufmann Heinrich Erdmann Baucke 400 Reichsthaler Courant und 700 Reichsthaler Pistolen, wobei allerdings der Beginn des Kredites nicht in den Akten überliefert ist.

Doch die Geschäfte liefen wohl auch in den folgenden Jahren nicht gut. Baucke bemühte sich intensiv um den Verkauf der Kiebitzmühle. Am 7. Februar 1821 wollte er diese an den Müllergesellen Christian Ernst Linnemann aus Borsum (bei Wolfenbüttel) verkaufen. Dieser konnte jedoch den vereinbarten Kaufpreis nicht aufbringen und tauchte daraufhin unter. Der Vertrag wurde aufgelöst und die Gemeinde Voitze kaufte die Mühle am 18. Mai 1821 zu einem Preis von 5.500 Reichsthalern.

Zwar hatte Baucke bei Abschluss des Kaufvertrages versichert, dass er mit dem Kaufpreis all seine Gläubiger bedienen konnte, aber just im Sommer 1821 kurz nach dem Verkauf der Kiebitzmühle an die Gemeinde Voitze tauchten Andreas Strycks und Hans Jochen Baucke (der als Bevollmächtigter für seinen in Hamburg lebenden Bruder Kaufmann Heinrich Erdmann Baucke auftrat) auf und machten ihre Forderungen geltend. Es stellte sich heraus, dass sich Müllermeister Baucke zwar das Geld mit dem Versprechen geliehen hatte, 4% Zinsen zu zahlen, aber bereits ab 1. Januar 1815 keine Geldzahlungen mehr an seine Kreditgeber geleistet hat.

Nach seinem Konkurs und dem daraus resultierenden Verkauf der Kiebitzmühle verließ Müllermeister Baucke den Raum Brome und zog in die Altmark zurück. Zu seinem weiteren Lebensweg gibt es nur spärlich Angaben in den Kirchenbüchern. So ist überliefert, dass seine vermutlich älteste Tochter Catharina Sophie Baucke, die 1806 in Immekath geboren wurde, 1832 in Rohrberg geheiratet hat. Dort ist zu lesen, dass die Brauteltern zu der Zeit in Audorf (bei Beetzendorf) lebten.

Der Missionar Johann Heinrich Christoph Baucke

Im Alter von rund sieben Jahren musste Johann Heinrich Christoph Baucke den wirtschaftlichen Niedergang seines Vaters mit ansehen. Anschließend verzog er mit seinen Eltern und den Geschwistern in die benachbarte Altmark. Zwar besuchte er dort die Schule, aber weil seine Eltern sehr arm waren, musste er in der Landwirtschaft als Knecht Geld verdienen. Mit ungefähr 20 Jahren begann er eine Lehre als Tischler. Mit 23 Jahren wurde er zur Preußischen Armee einberufen und diente beim 36. Infanterie-Regiment. Sein Bruder Jacob Christoph Baucke, von dem keine weiteren Lebensdaten überliefert sind, heiratete im Jahr 1838 im Perver (heute Salzwedel). Nach dem Tod seiner Mutter am 27. Juni 1839 entschloss sich Johann Heinrich Christoph Baucke dazu, sich verstärkt um die beiden jüngeren Brüder und seinen Vater zu kümmern. Sein Vater Johann Georg Baucke verstarb am 1. April 1840 in Kricheldorf (bei Salzwedel), wo er vermutlich bei seinem Sohn, dem Einwohner und Tischler Carl Friedrich Wilhelm Baucke (*12.1.1817 auf der Kiebitzmühle), lebte.

Nach dem Tod seine Vaters schloss sich Johann Heinrich Baucke der evangelisch-lutherischen Gossner-Mission in Berlin an. Am 13. Juni 1842 verließ er mit vier anderen Missionaren (Franz Schirmeister, Gottfried Engst, Oskar Beyer und David Müller) Berlin. Die Vorbereitung der Missionare auf ihren späteren Dienst in Neuseeland war mehr als unzureichend. Weder wurde ihnen im Voraus ein Missionsgebiet zugeteilt, noch wurden sie ausreichend über Neuseeland und die dort lebenden Ureinwohner aufgeklärt. Ihre finanziellen Mittel waren alles andere als ausreichend. So mussten sie auf dem Walfangschiff „Juliane“, mit dem sie von Deutschland nach Neuseeland aufgebrochen waren, aus Kostengründen tatkräftig mithelfen. Nach 28 Wochen auf See warf die „Juliane“ im Januar 1843 in der Otago-Bucht der Südinsel Neuseelands die Anker. Auf der Suche nach einem geeigneten Missions-Gebiet gelangten sie schließlich am 20. Februar 1843 auf die Chatham-Insel. Dort begannen sie mit ihrer missionarischen Tätigkeit.

Im Jahr 1846 sandte die Gossner-Mission drei Frau nach Neuseeland – als Ehefrauen für die dort ansässigen Missionare. Johann Heinrich Christoph Baucke heiratete am 8. April 1846 Maria Müller. Sie hatten insgesamt neun Kinder: Zwei Töchter und sieben Söhne. Ihr wohl bekanntester Nachkomme war der Linguist, Ethnologe, Journalist und Übersetzer Johann Friedrich Baucke (*7. Juli 1848 auf Chatham Island- †6. Juni 1931 Otorohanga). Er schrieb u.a. das Buch „Where the white man treads“ (Deutsch: „Wo der weiße Mann hintritt“), das auch heute noch als eines der Standardwerke über die Maori gilt. Er selbst hatte eine Maori zur Ehefrau und sprach fließend die Sprache der Maori.

Maria Baucke verstarb 1866 auf Chatham-Island. Ihr Ehemann, der Missionar Johann Heinrich Christoph Baucke, verstarb am 17. März 1908 im hohen Alter von 96 Jahren in Wellington (Neuseeland).

Johann Heinrich Christoph Baucke (*1814 auf der Kiebitzmühle - †1908 in Wellington/Neuseeland) - Aufnahme zwischen 1868 und 1875. Quelle: https://natlib.govt.nz/records/22907275 [Zugriff am: 14.06.2020]
Johann Heinrich Christoph Bauckes Haus auf Chatham-Island (1874). Quelle: https://natlib.govt.nz/records/22328399 [Zugriff am: 14.06.2020]

Weitere Informationen in Englisch zu Johann Friedrich Wilhelm Baucke sind hier zu finden: https://teara.govt.nz/en/biographies/3b16/baucke-johann-friedrich-wilhelm [Zugriff am: 14.06.2020]

Anmerkung:

Dieser Artikel ist zuerst erschienen im Gifhorner Kreiskalender 2014 (S. 47-49).

Die Entstehung des adeligen Gerichts Tülau-Fahrenhorst

Besitzverhältnisse in Brome am Ende des 15. Jahrhunderts

Am Ende des 15. Jahrhunderts bestanden in Brome neben der Burg Brome noch weitere drei Lehenshöfe (Freihöfe), die vermutlich alle an der Südseite der heutigen Hauptstraße lagen. Insgesamt sind nur wenige Informationen über diese drei Lehenshöfe überliefert. Am 28. Oktober 1458 wurde beurkundet, dass der damals wüste Freihof, der einmal denen von Hanow gehörte, von dem damaligen Besitzer Henning von Bodendiek an Fritz IV. von der Schulenburg wiederkäuflich verkauft wurde. Zum Hof dazu gehörte noch die Mühle im benachbarten Steimke, ein Hof „auf der Ohre in Steimke“ sowie die halbe Wüste Plessau, die sich ebenfalls in der heutigen Steimker Feldmark befindet. Der Hof selbst war wüst und befand sich „by dem Vorwerke vor der Borch darsüluest to Brome“. Fritz IV. von der Schulenburg war der älteste Sohn von Busso I. aus dem älteren Hauptzweig der weißen Linie. Zwischen 1488 und 1499 war er Landeshauptmann der Altmark. Nach dem Kauf des Hofes in Brome 1458 wird er endgültig am 7. Juli 1493 mit diesem belehnt. Am 2. August 1516 wird dann Albrecht von der Schulenburg, Sohn Fritz IV. von der Schulenburg, zusammen mit seinen Brüdern Antonius, Fritz und Jasper mit den oben genannten Bromer Gütern des inzwischen verstorbenen Vaters belehnt. In den folgenden Jahren muss zumindest die Mühle zu Steimke in den Besitz von Fritz VII. von der Schulenburg übergegangen sein, denn dieser verkauft die Roggenpacht aus der Steimker Mühle 1530 an das Kloster Diesdorf.

Einen weiteren Freihof verkaufte Boldewin Sökeschuld am 25. April 1473 an die Gebrüder Jacob, Hans und Busso von Bartensleben. Zu dem Freihof, der hinter dem Kirchhof beim Pfarrwitwentum lag, gehörte die halbe Wüstung Plessau, deren andere Hälfte wie oben erwähnt damals Fritz IV. von der Schulenburg gehörte, sowie die Mühle zu Wendischbrome. Am 15. Januar 1474 bestätigte Herzog Friedrich der Ältere von Lüneburg diesen Kaufvertrag.

Von 1438 an waren das Schloss Brome und der Bleek Pfandbesitz der Stadt Lüneburg. Diese verpfändete Schloss und Bleek dann ab 1451 an Günther von Bartensleben für zehn Jahre. Dieser Vertrag wurde dann immer wieder verlängert, bis er schließlich von der Stadt Lüneburg 1489 gekündigt wurde. Am 10. August 1492 wurde Fritz V. von der Schulenburg durch Heinrich, dem Herzog von Braunschweig und Lüneburg, mit der Burg Brome belehnt. Das Lehen umfasste allerdings nicht nur die Burg selbst, sondern auch den Bleek davor und dem Freihof darinnen, auf dem Krateke wohnte. Mit diesem Hof ist der dritte Freihof in Brome gemeint. Das Patronat der Bromer Liebfrauenkirche verblieb allerdings beim Landesfürsten. Fritz V. verpflichtete sich in diesem Lehensvertrag dazu, die Burg auszubessern und auszubauen und sie für den Herzog von Braunschweig und Lüneburg offen zu halten. Fritz V. von der Schulenburg, der 2. Sohn Bernhards VIII. aus dem mittleren Hauptzweig der weißen Linie, war ein Ritter, wie es auch im erwähnten Lehensvertrag festgehalten wurde. Er wurde wohl 1466 geboren und verstarb wahrscheinlich 1505. Er wohnte in Beetzendorf und war mit Armgard, Tochter des Ludolph von Alvensleben verheiratet. Fritz V. scheint kein guter Wirtschafter gewesen zu sein, denn bei seinem Tod waren alle Güter verpfändet. Seine Witwe litt große Not und bewirkte durch Kurfürst Joachim, dass sie mit den Gütern des Mannes beleibdinget wurde, um für ihr Eingebrachtes sich einigermaßen entschädigen zu können.

Fritz VII. von der Schulenburg

Sein Sohn Fritz VII. von der Schulenburg, der erstmals 1518 im Beetzendorfer Burgfrieden erwähnt wird, erbt, wahrscheinlich zusammen mit seinen Brüdern, das Schloss Brome sowie den Bleek und den darin befindlichen Hanow´schen Freihof. Er war vermählt mit Anna von Krammen, mit der er zehn Kinder zeugte. Ihre beiden Söhne Levin und Curt ertranken 1548 im Burggraben zu Brome.

Ebenso wie Vater Fritz V. war auch Fritz VII. von der Schulenburg wohl kein guter Wirtschafter. Warum er in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, lässt sich den vorliegenden Quellen leider nicht entnehmen. Standen diese Schwierigkeiten womöglich mit dem weiteren Ausbau der Burg Brome, den sein Vater bereits begonnen hatte, in Zusammenhang? Leider wissen wir es nicht. Bereits im Jahr 1529 vermachte er dem Kloster Diesdorf für „vertich gute rinsche guldenn“ (vierzig gute rheinische Gulden) eine jährliche Roggenlieferung von neun Scheffeln. Als Pfand setzte der die Wiesen der wüsten Dörfer Nettgau und Petzenow ein. In diesem Zusammenhang muss wohl auch eine Auseinandersetzung zwischen Carsten Schulze aus Wendischbrome und Fritz VII. von der Schulenburg gesehen werden. Carsten Schulze wurde nämlich 1492 mit einer Wiese des wüsten Dorfes Nettgau, die an der Ohre lag, vom Herzog Heinrich zu Braunschweig und Lüneburg belehnt. Fritz VII. von der Schulenburg ließ Carsten Schulze ins Gefängnis bringen, um ihm die Wiese mit Gewalt wieder zu entreißen. Dieser weigerte sich jedoch und zahlte sechs Goldgulden an Fritz VII., die dieser auch nicht wieder zurückbezahlt hat. Die Wiese konnte Carsten Schulze behalten.

Zwischen 1529 und 1548 hat Fritz VII. von Schulenburg das Dorf Nettgau wieder besiedeln lassen, vermutlich auch deshalb, um mehr Einnahmen aus dem wiederbesiedelten Dorf erzielen zu können.

Irgendwie muss auch die Steimker Mühle zwischen 1516 und 1530 in den Besitz von Fritz VII. von der Schulenburg gekommen sein, denn er verkauft 1530 für 32 lübische Mark wiederverkäuflich eine Roggenpacht aus der Mühle zu Steimke an der Kloster Diesdorf. Im gleichen Jahr verkaufte er ebenfalls an der Kloster Diesdorf Hebungen aus dem Dorfe Holzhausen (nördlich von Diesdorf) wiederverkäuflich.

Aber diese Verkäufe konnten den wirtschaftlichen Niedergang, dessen Gründe bisher unbekannt sind, nicht mehr aufhalten. Nettgau und auch Zicherie verkaufte Fritz VII. noch 1548 an Georg von Wense und Dietrich Behr weiter. Später kamen beiden Dörfer dann an die von Bartensleben. Auch seinen Anteil an Beetzendorf verkaufte er wiederkäuflich an Levin I., so dass der mittlere Hauptzweig der weißen Linie aus Beetzendorf ganz ausgeschieden ist.

Schließlich musste er an Weihnachten 1548 das Schloss Brome mit allen Besitzungen an Christoph von dem Knesebeck verkaufen. Ausgenommen von diesem Verkauf waren die Dörfer Tülau, Nettgau und Croya sowie die Landtzmans Mühle im Tülauer Holz[1]. Doch auch dieser Verkauf reichte nicht aus, um all seine Gläubiger zu befriedigen. Als Beispiel sei hier nur die Forderung von Johann von der Assenburg gegenüber Fritz VII. von der Schulenburg erwähnt. Johann wurde vom Hof zu Celle aufgefordert, auf seinen Forderungen gegenüber Fritz VII. zu verzichten. Diesem stimmte Johann auch zu. Zwölf Jahre zuvor, also 1540, hatte Johann von Assenburg für Fritz VII. folgende Summen ausgelegt:

  • 200 Thaler für zwei Pferde
  • 50 Gulden in Münzen
  • 23 ½ Gulden (vermutlich für Hopfen?)
  • 128 ½ Goldgulden an Sander von Oberg überwiesen
  • 84 ½ Gulden in Münzen auch an Sander von Oberg überwiesen (die sich Fritz VII. dort geliehen hatte)
  • Insgesamt: 592 Gulden, 16 Schilling

An Zinsen sollten 6% pro Jahr bezahlt werden, so dass sich die Zinsen nach 12 Jahren auf 432 Gulden beliefen.

Des Weiteren hat Fritz VII. 1551 zwei Wispel Gersten für 16 Gulden bekommen, 50 Gulden in Münzen 1552 (darauf 6 Gulden Zins auf zwei Jahre), zwei Wispel Roggen für 32 Gulden, sechs Scheffel Mehl für 4 Gulden usw. für insgesamt noch einmal 242 Gulden. Insgesamt beliefen sich seine Schulden mit den Zinsen 1552 auf  829 Gulden 7 Schilling (davon 438 Gulden Zinsen).

Es gab daneben im gleichen Jahr noch weitere Geldforderungen gegen Fritz VII. So hatte er sich anscheinend 1538 von dem Grafen Gebhard von Mansfeld 2600 Mark geliehen. Ein gewisser Johan Powisken ist dann in den Besitz dieser Forderung gelangt. Insgesamt betrug die Summe 3510 Mark (inklusive Zinsen), wovon nun noch 524 ½ Mark an Forderungen ausstanden.

Schließlich klagt Werner Haenen auf Basedow 1572 die Witwe von Fritz VII. von der Schulenburg  und deren Söhne auf Abtretung des Gutes Fahrenhorst. Auch seine Forderung resultierte aus nicht beglichenen Schulden, die Fritz VII. bei Johann Bowischen in Holstein angehäuft hatte. Die Forderung belief sich anscheinen auf 811 Thaler. Werner Haener verlangte die vorübergehende Einweisung in das Gut Fahrenhorst, welche jedoch abgelehnt wurde.

Probleme mit den Tülauer Bauern

Auch nach dem Verkauf konnte Fritz VII. von der Schulenburg seine Ruhe in Tülau nicht genießen, denn es kam zu einem Streit über die Nutzung der wüsten Feldmark Schürnau, die zwischen Tülau und Zicherie liegt. Fritz VII. von der Schulenburg argumentierte, dass dieses Feldmark aus dem Besitz der Burg Brome mit ausgeschieden sei und ihm gehörte. Christoph von dem Knesebeck dagegen beharrte aus seinen Besitzansprüchen als Besitzer der Burg Brome. Schließlich kam es erst nach dem Tod von Fritz VII., der wohl 1559 gestorben ist, im Jahr 1567 zu einem endgültigen Urteil, welches zu Gunsten derer von Knesebeck ausfiel.

Auch mit den Tülau Untertanen lebte Fritz VII. von der Schulenburg nicht im Frieden. Nachdem Fritz VII. die Tülauer Teiche hat anlegen lassen, beschwerten sich die Tülauer Bauern im Jahr 1556, dass sie für diesen Verlust an Wiesenflächen nicht wie vorgesehen von Fritz VII. entschädigt wurden – und bekamen vom Hof zu Celle auch Recht. Bei den Klagen der Tülauer Bauern ging es aber nicht nur um die verlorengegangenen Wiesen, sondern auch um die Mastung im Tülauer Holz. Der Bromer Pastor vermittelte zwischen den beiden Parteien und tatsächlich wurde auch ein Kompromiss über die Zumessung von Ersatzflächen und über die Mastung im Tülauer Holz getroffen. Jedoch hielt sich Fritz VII. nicht an diese Vereinbarung und der Hof von Celle forderte ihn in einem Schreiben 1556 zur Einhaltung der Vereinbarung auf. Im Jahr 1558 wandte sich Fritz VII. dann mit der Bitte an die Räte zu Celle, das Gut und Dorf Tülau verkaufen zu dürfen, weil er auf Grund der zahlreichen Forderungen der Tülauer Bauern dort nicht leben könne. Diese Genehmigung zum Verkauf wird ihm jedoch verwehrt auch mit dem Verweis, dass er verpflichtet sei, den Bauern das Ihre zu geben, da er ihnen die Wiesen früher genommen hatte. Über deren Verhalten könne er sich nicht beschweren, da sie arme Leute wären. Fritz VII. von der Schulburg verstarb wohl 1559.

Sein Sohn, Heinrich von der Schulenburg, erstellte im Jahr 1565 rein Verzeichnis der Höfner und Köther für Tülau und Fahrenhorst. Darauf geht hervor, dass Tülau bis 1555 aus sieben Höfnern und einem Köther bestand. Der eine Hof wurde dann in zwei Köther-Stellen geteilt, so dass 1565 sechs Höfner und drei Köther in Tülau lebten. In Fahrenhorst, das direkt neben dem Hof derer von der Schulenburg lag, lebten 1565 damals drei Köther.

Das Ende der Herrschaft derer von der Schulenburg über Tülau-Fahrenhorst

Der Besitz von Fritz VII. von der Schulenburg hatte sich also bis zu seinem Lebensende auf die Dörfer Tülau und Croya reduziert. Seine beiden Söhne Heinrich VII. und Christoph VIII. von der Schulenburg lebten danach in Tülau. Über den Tod der beiden Brüder schreibt Danneil, dass Heinrich VII. am 11. Dezember 1613 kinderlos verstarb. Sein jüngerer Bruder Christoph VIII. war nicht verheiratet und verstarb nur eine Woche nach seinem Bruder. Beide wurden in der Altendorfer Kirche beerdigt. Allerdings bietet hier der noch immer in der Altendorfer Kirche rechts vor dem Altar vorhandene Grabstein von Heinrich v. d. Schulenburg andere Informationen. Darauf steht:

ANNO 1613 DEN 18 DECEMB. IST DER EDLE GESTRENGE VND ERNVESTE HEINRICH V.D. SCHULENBURGK FRITZEN S SOHN IN GOT DEM HERN SELIGLICH [ENTSCHLA]FEN

Demnach ist Heinrich also am 18. Dezember 1613 verstorben und nicht wie Danneil behauptet am 11. Dezember 1613. Leider ist der Grabstein für Christoph v. d. Schulenburg nicht mehr in der Altendorfer Kirche vorhanden.

Grabplatte für Heinrich von der Schulenburg in der St. Pankratius Kirche zu Altendorf

Ein weiterer Grabstein derer von der Schulenburg findet sich aber links neben dem Altar in der Altendorfer Kirche. Darauf ist zu lesen:

ANNO 1621 DEN 5 APRIL IST DER EDLE GESTRENGE [E]HRN[VES]TE  [BU]RCH[AR]D V. D. SCHULENBURGK FRITZEN S SOHN IN GOT DEM HERN SELIGLICH ENTSCHLAFFEN

Leider sind einige Buchstaben des Vornamens unleserlich, aber dennoch muss es sich bei dem dort Bestatteten eindeutig um Burchard von der Schulenburg handeln! Zu Burchard von der Schulenburg schreibt Danneil, dass er der jüngste Sohn von Fritz VII. war und zuletzt beim Verkauf von Hohenwarsleben erscheint. Ein Todesjahr gibt Danneil nicht an. Der Grabstein belegt, dass er erst am 5. April 1621 gestorben ist, vermutlich auch in Fahrenhorst. Allerdings war Fahrenhorst zu dieser Zeit bereits nicht mehr im Besitz derer von der Schulenburg. Denn bereits im Jahr 1602 wurde Wilhelm von Weyhe die Belehnung mit Tülau und Fahrenhorst vom Herzog Ernst von Braunschweig-Lüneburg nach dem Ableben von Heinrich von der Schulenburg zugesagt. So heißt es in der Urkunde vom 24. Juni 1602:

„[…] biß sich nach Willen Gottes der Todtsfhall mit Heinrich von der Schulenburg zur Vahrenhorst zutregt, alßdan aber dem Cantzeler [Wilhelm von Weyhe] undt seinem Sohn alßbalt auf getroffene undt von unß consentirte Bewilligung das Guth doselbst zu Vahrenhorst sampt seiner Zugehörung undt Gerechtigkeit […] volnkomlich zugehörig und zustendig.“

Mit dem Tode Heinrich am 18. Dezember war es dann soweit: Wilhelm von der Weyhe konnte Tülau-Fahrenhorst nun als Lehen übernehmen. Hiervon zeugt noch heute ein Gedenkstein auf dem Gut Fahrenhorst, auf der die Inschrift „18. December 1613“ eingemeißelt ist. Dieser Stein belegt zusammen mit dem Grabstein in der Altendorfer Kirche eindeutig, dass Heinrich tatsächlich am 18. Dezember 1613 verstorben ist und nicht am 11. Dezember 1613, wie Danneil behauptet. 

Nicht geklärt werden kann allerdings heute, wo Burchard von der Schulenburg bis zu seinem Tode am 5. April 1621 gelebt hat. Vermutlich ist auch er in Tülau-Fahrenhorst gestorben, denn ansonsten wäre er wohl nicht in der Altendorfer Kirche beigesetzt worden.

Grabplatte für Burchard von der Schulenburg in der St. Pankratius Kirche zu Altendorf

Diese wissenschaftliche Arbeit wurde zuerst veröffentlicht im 87. Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte zu Salzwedel e.V. im Jahr 2017 (S.91-100)

Verfügbar unter:  http://altmark-geschichte.de/pdf_jahresberichte/87_JBAGV_2017.pdf

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